1994 – Von großen Clowns, kleinen Clowns – und Doink, Dink, Wink und Pink

Gimmicks erfüllen viele Zwecke. Aufbau von Storylines, Einführung neuer Charaktere, Schockmomente oder Turns etablierter Männer. Für jedes dieser Ziele gibt es gute Beispiele und weniger gute Beispiele. Mitte der Neunziger ging man aber genau diesen Weg, in dem man langsam aber sicher damit begann, Gimmicks mit Sinn und Verstand auszuwählen – nämlich aus einem der oben genannten Gründe. Es ist aber selbstverständlich, dass ein Sinn hinter einem Gimmick kein Feifahrtsschein für ein gutes Gimmick ist. Und wieder hänge ich bei der Frage, was gute Gimmicks sind und was ein Gimmick mies macht. Herzlich Willkommen zur fünften Ausgabe der schlechtesten Gimmicks der 90er – und auch heute einleitend wieder der Hinweis darauf, dass das Wort „schlecht“ mit einem Augenzwinkern zu deuten ist. Die Top5 Listen bestehen sowohl aus dem wirklichen Bodensatz der Gimmickschmiede, als auch aus Kultfiguren, die eben aufgrund ihres merkwürdigen Charakters zu diesem Status gekommen sind.


5. Kwang

Eröffnen möchte ich die 1994er Hitliste mit Kwang. Kwang war einer von drei Ninjas, die Mr Fuji in den 1994er Royal Rumble schickte, um Lex Luger aufzuhalten. Nachdem dieses bekannt gegeben wurde, stand für mich endgültig fest, dass Luger den Rumble gewinnen würde. Während Tenryu und Kabuki mit der Battle Royal einen einmaligen Auftritt hatten, hielt man an Kwang auch nach dem Rumble fest. Hinter der Maske des japanischen Ninjas steckte – wie sollte es anders sein – natürlich kein Japaner. Auch kein Chinese, Koreaner, Fidschi oder wenigstens irgendjemand auch nur grob aus der asiatischen Ecke. Nein, der Ninja war ein Puerto Ricaner namens Juan Rivera, den meisten wohl unter dem Namen Savio Vega bekannt. Mit dem Kwang-Charakter verkörperte er den Standard-Asien-Heel. Maske, Kicks und grüner Nebel. Nachdem man weiß, wer sich hinter der Maske befand, ist das doch schon ein wenig lächerlich. In meinen Augen weit lächerlicher, als einen Samoaner als Sultan zu verkaufen, einen New Yorker als Araber oder Al Snow als europäische Legende. Als eben dieser 08/15-Heel spielte Kwang in keiner wirklich entscheidenden Storyline eine Rolle, was bleibt ist also diese lächerliche Konstellation, die einen Puerto Ricaner zu einem Ninja macht, der sich in keinster Weise von der Masse abhebt.


4. King Kong Bundy

King Kong Bundy war ein sehr erfolgreicher Wrestler in den 80er Jahren. Unterstreichen kann ich diese Aussage mit der Tatsache, dass er gar eine WrestleMania headlinte, als er bei Ausgabe 2 der größten Wrestlingshow der Welt gegen Hulk Hogan um den World Title antrat. In die 80er passte Bundy auch wie Arsch auf Eimer. Er konnte nicht wrestlen, war großer, kräftiger und umfangreicher Statur. Also ein Standard-Heel der 80er. Ende des Jahrzehnts endete seine WWF-Karriere dann vorerst und Bundy hatte einige Auftritte in Filmen und Serien. Am bekanntesten wohl sein Auftritt als Onkel von Al Bundy in „Eine schrecklich nette Familie“ 1988. Sein zweiter Run bei der World Wrestling Federation begann dann im Jahr 1994 – ich kannte seine Vergangenheit im Detail zu diesem Zeitpunkt noch nicht und somit war er für mich nur ein Charakter aus einer Fernsehserie und strotzte somit nicht unbedingt vor Glaubwürdigkeit. Und tatsächlich entwickelte man King Kong Bundy’s Charakter in keinster Weise weiter. Mitte der 90er gehörte es sich für einen guten Heel, dass er sich am Ende einer gemeinsamen Fehde für den Undertaker hinlegte, so auch King Kong Bundy. Außerdem gehörte jeder zweite Heel einem Manager-bezogenen Stable an, so auch Bundy als Teil der Million Dollar Corporation. Zu viel Standard, um erfolgreich zu sein. Und so kam es dann auch. Bundy war einfach nichts Herausragendes, viele jüngere Fans kannten ihn nur als Onkel Irwin, den Onkel von Al Bundy und nahmen ihn daher erst recht nicht ernst. Auch als man ihm sein altes 5-Count-Gimmick zurückgab, gewann Bundy wenig an Glaubwürdigkeit, da er seine spektakulären Five Counts nach seiner Fehde gegen den Undertaker nur noch an Jobbern ausführen durfte. Dieser 1994er Run sehe ich als absoluten Schandfleck auf einer sonst doch recht erfolgreichen Karriere, und daher landet King Kong Bundy auf Platz 4 der schlechtesten Gimmicks des Jahres 1994.


3. Sparky Plugg

Thurman „Sparky“ Plugg – das war Bob Holly, lange bevor er „Hardcore“ wurde. Aus Thurman „Sparky“ Plugg wurde dann Bob „Spark Plugg“ Holly, das Gimmick blieb jedoch dasselbe: ein Rennfahrer. Holly trat für die WWF bei Nascar-Rennen an, was man ohne Rücksicht auf Logik zu seinem Gimmick machte – ein paar Rennstreifen auf die Hose, ein müdes Lächeln ins Gesicht und ein Bilderbuch-Face war geboren. Wer Hardcore Holly kennt, kann sich denken, wie Banane er in der Rolle eines langhaarigen Highfly-Faces doch gewesen sein muss – und genau das war er damals auch. Mit dem 1-2-3 Kid formte er gar das langweiligste und dämlichste Tag Team des Jahrzehnts, deren Tiefpunkt die eintägige Titelregentschaft Mitte des Jahres war, nachdem man ein und dieselbe Story bereits mit dem Kid und Marty Janetty durchgespielt hatte. Die einzig nennenswerte Fehde war wohl die mit Countrystar Jeff Jarrett, bei der Holly natürlich aufgrund des Double-J-Pushs auf der Strecke geblieben ist. Wer mich ein bisschen kennt, der weiß, dass ich nun wirklich kein Fan vom heutigen Hardcore Holly bin – aber ich habe ihn immer noch hundert Mal lieber als Thurman Plugg, Bob „Spark Plugg“ Holly und Bombastic Bob zusammen.


2. Doink, Dink, Wink und Pink

Gänsehaut-Alarm der allerschlimmsten Sorte. Wenn ich dieses Bild sehe, krieg ich Ausschlag, denn alles was mit diesen vier Kollegen zu tun hatte, suckte bis in den Himmel und noch viel weiter. Mit Doink hatte man Anfang der 90er ein wirklich geniales Gimmick geschaffen. Und das mit einem einfachen, aber riesigem, Mittel: Man nahm sich die Gimmickschablone für Faces und kreierte einen absoluten Standard-Face, so wie man es ja Anfang der 90er wirklich hervorragend konnte. Diesen ließ man dann aber als Heel antreten, was bei Doink absolut einwandfrei funktionierte. Leider erkannte man dieses Potential im Doink-Heel-Charakter nicht und machte ihn zum Face, als man ihm mit Dink eine Mini-Ausgabe seiner selbst zur Seite stellte. Man brachte Doink also zurück ins Muster, was jegliche Genialität an seinem Gimmick dahin schmelzen ließ. Das wäre ja alles noch nicht so schlimm gewesen, wenn halt diese dämliche kleine Dink nicht auch noch dabei gewesen wäre. Schlimm genug, aber noch viel schlimmer war die ungeheure Aufmerksamkeit, die den beiden zu Teil wurde, die ihren Gipfel in einem Auftritt bei WrestleMania 10 fand! Nach der Niederlage gegen Bam Bam Bigelow und Luna wäre eigentlich der perfekte Zeitpunkt gekommen gewesen, um Doink und Dink in der Versenkung verschwinden zu lassen (von einem erneuten Heelturn Doinks gegen Dink mal aufgrund der Unkreativität der Booker vollkommen abgesehen) – aber man tat es nicht. Stattdessen erweiterte man den Affenzirkus. Doink begann eine Fehde mit Jerry Lawler und der Mini an dessen Seite ließ nicht lange auf sich warten. Doink hatte Dink, Lawler hatte Quezy. Und man begab sich immer weiter in Richtung Keller, wo sich auch das Niveau dieser Geschichte aufhielt. Doink und Dink bekamen weitere Mini-Unterstützung von Wink und Pink, Lawler bekam zwei weitere kleine Könige (die Namen spielen keine Rolle, außerdem hab ich sie vergessen, was weiß Gott keine Schande ist, sondern natürlicher Abwehrmechanismus gegen Bullshit).


1. Well Dunn

Kommen wir zu dem in der letzten Ausgabe angekündigten großartigsten Tag-Team der neunziger Jahre – Well Dunn. Mit diesen beiden Männern haben die Booker wirklich Humor bewiesen, den Well Dunn waren rundherum perfekt. Das Gimmick an sich war Müll, denn Timothy Well und Steven Dunn lebten eigentlich ausschließlich von der unbeschreiblich lustigen Kombination ihrer beiden Nachnamen und gewannen soweit ich mich erinnern kann kein einziges Match in der WWF. Sie standen regelmäßig in Turnieren und Titelkämpfen, verloren aber grundsätzlich gegen jedes noch so schlechte Team. Kult wurde Well Dunn für mich aufgrund einer einzigen Tatsache: Well und Dunn rulten einfach. Es war den beiden so kackegal, dass sie andauernd verlieren mussten, es machte fast den Eindruck als würde es ihnen Spaß machen. Richtig lächerlich (aber absolut kultig) wurde das Gimmick aufgrund der ungeheuren Arroganz, die die beiden ausstrahlten. Als könne ihnen keiner was, als wären sie die Größten. Timothy Well und Steven Dunn haben aus einem absoluten Null-Gimmick so verdammt viel herausgeholt, dass es mir bis heute unverständlich bleibt, warum man ihnen nie die verdiente Aufmerksamkeit schenkte. Als Tribut an zwei großartige Entertainer verleihe ich Well Dunn hiermit Platz 1 der schlechtesten Gimmicks des Jahres 1994. Well Done!

Ausgabe 5 und zum ersten Mal ein Tag Team an der Pole Position. Einleitend sprach ich von Motivationen für Gimmicks und mit den fünf Platzierungen ergibt sich für 1994 eine Runde illustrer Gestalten, die doch irgendwo alle aus so einer Motivation geboren sind. Während Holly, Well Dunn und Kwang Gimmicks zur Charakterdarstellung waren, vollzog man mit der Einführung der Minis Doinks Faceturn. Das Spark Plugg Gimmick gehört wie auch Kwangs zu den wirklich schlechten, Well Dunn sind für mich zwei der absoluten Kult Figuren der Neunziger Jahre, eben wegen ihrem Gimmick und der Lässigkeit, mit der sie es verkörperten. Und sie waren nur der Anfang. Dadurch, dass man mit Well Dunn als Vorreiter begann, Gimmicks mit einem Augenzwinkern zu verkörpern, entstanden aus vielen blassen oder schlechten Gimmicks wahre Kultfiguren. Insofern war 1994 ein wichtiges Jahr, was die Entwicklung der Gimmick-Evolution entscheidend vorangeführt hat und 1995 ihren Höhepunkt fand. Neben wirklicher Scheiße gab es auch hier eine Vielzahl absolut geiler Typen – und diesen widme ich mich in der nächsten Ausgabe der schlechtesten Gimmicks der 90er, „d’you know what I mean“!?