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Wenn etwas uneingeschränkt fantastisch funktioniert, über Jahre, ja mein Gott, dann wäre man ja ein kompletter Idiot, wenn man nicht versuchen würde, es zu kopieren. Das womöglich beste Gimmick der Wrestlinggeschichte ist so eines - es funktionierte über Jahre in den unterschiedlichsten Facetten und wurde immer und immer wieder auf die abstrusesten Arten und Weisen kopiert. Einige verschwanden schneller wieder als sie erschienen, andere waren einfach nur lächerlich - und ganz speziell eine schaffte es fast, an den Erfolg des Originals anzuknüpfen.
Aber gehen wir einen Schritt nach dem anderen… Bereits bem Debut des Undertaker war klar, dass man von diesem Kerl noch eine Menge sehen würde. Sein Push war konsequent und so wurde er innerhalb kürzester Zeit der stärkste Heel des Rosters und durfte gar den unsterblichen Hulk Hogan bezwingen. Dabei war doch das Gimmick eines Totengräbers, der außer den drei Worten "Ruhe in Frieden" nichts aus seiner Kehle bekam, selbst für WWF-Verhältnisse fast schon zu abgedreht. Man beachte: Die Klempner, Müllmänner und Eishockey-Rüpel kamen erst sehr sehr viel später.
Spätestens nach seinem ersten Face-Turn war der Undertaker unsterblich und wuchs von Jahr zu Jahr, von Fehde zu Fehde zu einer Attraktion, die auch ohne Titelgold headlinen konnte. Es war also nur logische Konsequenz, dass man schnell eine Horde chinesischer Wissenschaftler engagierte, um die Sensation zu vervielfältigen. Eine dunkle Macht, ein Untoter, oder doch ein Lebendiger? Das große Problem war, dass man gar nicht versuchte, diese Fragen zu beantworten und der Meinung war, dass dunkle Kleidung und eine mysteriöse Einzugsmelodie schon ausreichen, um den Zauber des Deadman zu kopieren. Es entstanden farblose Figuren wie der Executioner, deren Halbwertzeit geringer war als die eines Glas Bieres in der Hand eines durstigen deutschen Mannes.
In einer Storyline mit Mankind, bei dem ich mir niemals anmaßen würde ihn als Abklatsch des Undertaker zu bezeichnen, turnte schließlich der langjährige Mentor des Deadman gegen selbigen und damit leitete man die Geschichte um die Entstehung des ersten und einzigen funktionieren Undertaker-Klons ein. In meinen Augen war es eine der besten Promos meiner Wrestlingfankarriere, als Paul Bearer wie aus dem Nichts behauptete, "Kane" sei "alive". Es debütierte der kleine Bruder des Undertaker, gehüllt in einen roten Ganzkörperanzug, das Gesicht verdeckt durch eine Maske. Bis auf diese optischen Varianzen war er jedoch eine vollkommene Kopie seines "großen Bruders". Vollkommen - denn Kane schlug ein wie eine Granate und funktionierte in eben dieser Rolle über gut ein ganzes Jahrzehnt.
Wenige Jahre zuvor, kopierte man den Deadman etwas - ich sag mal, offensichtlicher. Nach einem Sargmatch gegen Yokozuna, bei dem so ziemlich jeder Heel des aktuellen Rosters auf den Taker einprügelte, verkaufte man den Undertaker als besiegt. Ted DiBiase feierte zeitgleich große Erfolge mit seiner Million Dollar Corporation und begann eines Tages zu behaupten, er habe den Undertaker in seiner Gewalt. Tatsächlich handelte es sich dabei um eine Kopie, die man in die Undertaker-Klamotte steckte und bis zum Comeback des echten Deadman als Gegner für selbigen aufbaute. Klingt blöd, hat dem Mark damals aber unheimlich Spaß gemacht. Auf dem Hintergrund, dass man den Fake-Taker nach seiner Niederlage aus den Shows entfernte, ist das Ganze auch aus heutiger Sicht wohl zu verkraften.
Die Regel des schwarz gekleideten Untoten mit der mysteriösen Musik brach man schließlich in den frühen Jahren des neuen Jahrtausends, als man einen Charakter namens "Mordecai" ankündigte. Es war ein dunkler Charakter, mit Kreuz und so und natürlich auch mit mysteriöser Musik - aber halt in weiß. Ein Albino-Undertaker, leider nicht mehr und nicht weniger. Seine Halbwertzeit… ihr wisst schon, wie mit dem Executioner und dem Bier.
Und so zeigte sich, dass sich ein Gimmick, nur weil es genial ist, nicht zwangsläufig kopieren lässt - und zwar einfach aus dem Grund, dass das Original einfach zu gut war.
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