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Johann Wolfgang von Goethe sprach sich einst ‚Pro Eitelkeit’ aus, in dem er die provokante Aussage machte: "Was ist der Mensch für eine elende Kreatur, wenn er alle Eitelkeit abgelegt hat!". Seiner Meinung nach, stellt sich im Mangel an Eitelkeit das Elend dar, der Gesichtsverlust, das Einbüßen jeglicher Menschlichkeit. Und sieht man genau diese Aussage einmal mathematisch und berechnet die Bedeutung "je eitler, je edler" - dann haben wir es bei den nachfolgenden Kreaturen mit den edelsten ihrer Zunft zu tun.
Es wäre natürlich müßig, an dieser Stelle jeden Wrestler aufzuzählen, dessen Gimmick irgendwie darauf beruhte, ein eitler Puff zu sein. Es gab aber einige wenige Beispiele derer, deren Gimmick sich fast ausschließlich auf ihre Eitelkeit beschränkte. Auch hier ist es sicherlich schwierig, die einzig wahre Nummer 1, das Original, zu bestimmen - ich persönlich sehe es für mich aber eindeutig in Paul Orndorff. Das Posen, die Reserviertheit und der Beiname "Mr. Wonderful" zelebrierten allesamt die unaussprechliche Eitelkeit des Charakters Paul Orndorff, welche ihn zu einem der verhasstesten Heels seiner Zeit machte. Glaubwürdigkeit erlang er durch seinen perfekten Körperbau, der auch bei seinen Nachfolgern stets als unmittelbare Voraussetzung für die Wiederbelebung des Gimmicks herhalten musste.
Irgendwo zwischen Football, NWA und der Zeit als Patriot und Total Package verschlug es Lex Luger in die Rolle des selbstverliebten Narzissisten - natürlich, schließlich kam es in der McMahon-Promotion nicht in Frage, jemanden gänzlich ohne Gimmick debütieren zu lassen. Den Körperbau hatte Luger allemal und nach dem Erfolg der Serie "MacGyver" auch bei allen weiblichen Fans ein Stein im Brett. Das war doch Luger, der den MacGyver gespielt hat, oder? Egal, anderes Thema. "The Narcissist" Lex Luger begann seine Matches stets damit, sich selber im Spiegel zu betrachten und ein wenig zu posen. Poser waren aber auch damals schon nicht gerne gesehen und den anschließenden Main Event Push gab man Luger erst als fanfreundlicher Patriot.
Der Spiegel - den behielt man aber. Denn einige Jahre später brauchte man eine Grunderneuerung für einen Herren namens Mark Jindrak, nachdem uns dieser fast ein ganzes Jahr lang in einem bedeutungslosen Tag Team mit Garrison Cade zu Tode gelangweilt hatte. Jindrak fehlte zwar Ausstrahlung - aber er hatte einen wohl proportionierten Körper. Was er also bekam, war mit Teddy Long einen charismatischer Manager an die Seite gestellt und - genau, den Spiegel. Obendrein sollte er außerdem einen Spitznamen bekommen, der auch den letzten noch zweifelnden Fan davon überzeugen sollte, dass Jindrak ein wahres Ebenbild der männlichen Schöpfung ist und sich auch für eben dieses hält. Die "Reflection of Perfection" (man beachte auch, wie detailverliebt man den Spiegel bei dieser Wortkreation mit einbrachte) schaffte es in diesem Gimmick in kürzester Zeit zum größten Star von… Velocity zu werden. Er war einfach zu sehr Luger, als dass man das Gimmick toll finden konnte - Luger, halt bloß ohne den MacGyver-Bonus.
Nach dem jähen Ende der Reflection of Perfection startete man einen neuen Anlauf, bei dem man sich ein bisschen mehr Mühe gab, Gimmickdetails der Originale zu überdenken und auch zu überarbeiteten. Das Ergebnis war ein Meisterstück. Zumindest behauptete man das, als man dem ohnehin schon sehr sprechenden Namen Chris Masters noch den Gimmicknamen "The Masterpiece" verpasste. Körper war wie immer perfekt und auch das Charisma stimmte bei Masters wie die Faust aufs Auge. Was Luger sein MacGyver war, das war Chris Masters King of Queens und so stand es fest, dass die neuerliche Wiederauflage des Eitelmann-Gimmicks zu funktionieren drohte. Der Push des Masterpiece's war konsequent und brachte ihn sogar beinahe in den Main Event - vor dem nur er selbst sich gerade noch retten konnte, indem er oft genug gegen die WWE'sche Drug Policy verstieß.
Am Ende bleibt also eine Riege athletischer Männer, von denen nur das Original wirklich in Erinnerung bleiben wird. Der Rest - nunja - der war eigentlich nur, zumindest für den Moment erfolgreich, wenn der darstellende Wrestler dem Hauptdarsteller einer beliebten US-Serie ähnlich sah.
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