Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein: als Luden-Plagiat machte Charles Wright bereits eine weitaus bessere Figur als das entsprechende Original – dementsprechend schwierig dürfte es nun für ihn werden, wenn er die Rollen tauscht und dieses Mal als Originalprodukt ins Rennen geht. Denn noch viele Jahre, bevor Wright ein Lude war und auch noch vor seiner Zeit als Supreme Fighting Machine verdiente er sein Geld im Wrestlingbusiness mit einer weiteren niederen Kunst – dem Voodoo. Sein Alter Ego nannte sich Papa Shango und wenn ich die drei prägnantesten Charaktere meiner ersten bewusst erlebten Wrestlingfan-Beginner-Zeit angeben müsste, dann stünde Papa Shango neben Yokozuna und dem Big Bossman auf eben dieser Liste. Im Gegensatz zu vieler seiner damaligen Kollegen, war das Gimmick des Voodoopriesters für die Zeit ungewöhnlich detailverliebt und liebevoll erzählt.

Es waren die frühen Neunziger, eine Zeit in denen man weitaus weniger bringen musste, um angesagt zu sein, als es Charles Wright in der Rolle des Papa Shango getan hat – daher deprimiert es ein wenig, dass trotz eines furiosen Starts nicht mehr aus dem Gimmick geworden ist als ein 18-monatiger Midcard-Run. Shango trug Gesichtsbemalung, eine Melone und hatte neben einem Totenschädel auch einen naturellen Holzstab bei sich. Ständig begleitet wurde er außerdem durch die Kraft des Voodoo.

So viel zum Original. Die Fälschung ließ in diesem Fall mehr als 10 Jahre auf sich warten und kam in Form einer Kreatur, die unwahrscheinliche Ähnlichkeiten zum Urprodukt aufwies. Das China-Syndrom machte aus dem Schädel eine Uhr, aus weißem Qualm machte es roten Qualm, genau wie sich die Gesichtsbemalung von weiß nach rot färbte. Aus Papa Shango machte es den Boogeyman. Nicht mehr offizieller Verfechter des Voodoo-Kult, dafür aber offizielles Mitglied der Monster-AG im Club der Albtraum-Erschrecker – aber nicht minder detailverliebt. An sich war der Boogeyman eine großartige Weiterentwicklung von Papa Shango. Er war noch mysteriöser, wirkte unberechenbarer und bekam durch den Wurmverzehr und die eigenwillige Art sich zu bewegen eine ganz individuelle und unterhaltsame Note.

Allerdings machte man einen entscheidenden Fehler: Man wollte den Boogeyman gleich von Beginn an als Face etablieren. Auf ein Rumpsteak gehört aber nun mal keine Vanillesoße und genauso wenig passt das facettenreiche Mystery-Gimmick des bösen schwarzen Mannes aus dem Nachtschrank nicht zu einem Face-Charakter. Der Boogeyman floppte und mit jedem Neuanfang, den man ihm gönnte, machte man es nur noch schlimmer (da kommt mir die Idee einer weiteren Reihe: „Das Eugene-Syndrom“). In einer Fehde mit Booker T. stand man plötzlich unmittelbar davor, einen Main Eventer und mehrfachen World Champion mit dem Fluch des Voodoo-Gimmicks zu belegen und startete den Charakterwechsel mit einem kleinen mysteriösen Säckchen. Leider wurde nichts aus der Verwandlung Bookers in einen modernen Papa Shango, wenigstens zog er aber auch nicht die Maske von Rey Mysterio aus dem Sack – grundsätzlich hätte ich Booker T. diese Rolle aber so unglaublich zugetraut, dass ich schon regelrecht sauer war, als man es einfach so wieder fallen ließ.

Papa Shango bleibt damit unerreicht – als habe er sein eigenes Gimmick, kurz bevor er es abgeben musste, noch mit einem bösen Voodoo-Fluch belastet. Und das hat funktioniert. Bis heute zählt das Papa-Shango-Gimmick zu meinen Alltime-Favorites der WWE/F-Gimmicks und daher ist es gut, dass es nie ernsthaft durch schlechte Nachahmer beschmutzt wurde.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!