[Mean Street Posse, The]
Ende des alten Jahrtausends kehrte langsam aber sicher Müdigkeit bei den Bookern ein, was Gimmicks anging. Kein Wunder und es sei ihnen auch verziehen, nachdem sie ja einen zehnjährigen Marathon voller unglaublich mieser Charaktere hinter sich hatten. Ein bißchen Atem hatten sie aber noch und dieser reichte gerade noch für die Mean Street Posse. Das Stable bestand aus drei Mitgliedern und beruhte auf einer wahren Geschichte. Shane McMahon begrüßte Pete Gas und Rodney bei WWE als zwei ehemalige High School Kumpel und in der Tat, das waren sie tatsächlich.

Pete und Rodney trugen immer noch ihr College-Outfit, beim Entrance und im Ring gehörte es zum guten Ton, Poloshirt, Stoffhose und Pollunder aufzutragen. Das war irgendwie witzig. Zwar bekamen sie regelmäßig auf die Fresse und strotzten ebenfalls nicht unbedingt vor großartigen Fehden, aber anfangs waren sie tatsächlich noch unterhaltsam. Mehr und mehr entfernte man schließlich Shane-o-Mac aus dem Aufbau seiner Buddys, was sie immer mehr in die Belanglosigkeit verdammte. Einen kleinen Schub gab man der Posse noch, als man Ihnen wenige Monate nach ihrem Debut mit Joey Abs ein drittes Mitglied zur Seite stellte. Abs war tatsächlich ein Wrestler und ebenso tatsächlich kein ehemaliger Schulfreund des kleinen McMahon. Er war größer als die Originale, wirkte angsteinflößender und wurde – ja, er wurde genau wie seine beiden Kollegen auf ganzer Linie verjobbt.

Höhepunkt der kurzen Karriere, die nicht einmal ein Jahr anhielt, war der Gewinn des Hardcore Titles durch Pete Gas. Beim Stellenwert des Gürtels zur 24/7-Zeit sagt es eigentlich alles aus, wenn dies den Höhepunkt darstellte. Wie so oft war das Titelglück nur von kurzer Dauer und man schwenkte schnell wieder dahin zurück, was die Posse seit ihrem Debut tat: Sie legten sich wieder für jeden dahergelaufenen Wrestler, Non-Wrestler und sogar für Gerald Brisco und Pat Patterson hin. Nach ihrem Aus im April 2000 verbrachten Joey Aby, Rodney und Pete Gas noch eine Zeit in den Farmligen der WWF und verließen die Company schließlich. Eigentlich war das schade, denn gerade zu Beginn ihrer Zeit bei der World Wrestling Federation bewiesen besonders Pete und Rodney, dass sie durchaus Unterhaltungspotential besaßen. In einer Welt, in der man die Spirit Squad glaubhaft zu Tag Team Champions machen kann, wäre sicherlich auch ein Push für die Mean Street Posse möglich gewesen. Umso mehr freute es mich, als man dem für die Geschichte so unglaublich irrelevanten Pete Gas bei der 15-Jahr-Feier von RAW im Jahr 2007 einen kurzen Auftritt gönnte. Ich hätte es gerne gesehen, wenn man ihn diesen Auftritt in seiner aktiven Zeit hätte verdienen lassen.

[Mordecai]
Der Undertaker ist vermutlich das mit Abstand erfolgreichste Gimmick aller Zeiten. Kein anderes Gimmick hat in so vielen Facetten so viel Beständigkeit vorzuweisen, wie der Undertaker-Charakter. Es ist somit absolut verständlich, dass man immer wieder versuchte, auf diesen Zug aufzuspringen und einen zweiten Undertaker zu erschaffen. Mit Kane ist das gelungen. Sonst… mit niemandem. Und dennoch hat man es immer und immer wieder versucht. Einer der kläglichsten Versuche, den Deadman zu kopieren, startete man im Jahr 2004. In der Farmliga OVW gab es einen Mann, der seit geraumer Zeit bereits seine Erfahrung mit dunklen Charakteren gemacht hatte und man wählte diesen Mann namens Kevin Fertig aus, der neue Undertaker zu werden. Ihm sprach man zu, die Bürde tragen zu können und belohnte ihn mit dem Startkapital für eine unverwechselbare Karriere. Ohne viel vorweg zu nehmen: Der Charakter, um den es hier geht, überlebte ganze zehn Wochen im WWE-TV.

Aber nochmal einen Schritt zurück. Ziel war es, den Undertaker zu kopieren, ohne dass dies zu offensichtlich sein würde. Die Idee, wie man das erreicht, war so simpel wie plump. Undertaker – schwarz. Mordecai – weiß. Das war tatsächlich alles. Okay, der Name „Mordecai“ war um einiges kreativer als der des Undertakers, aber ansonsten war das tatsächlich alles, was man in Sachen Kreativität bei der Kopie des Deadmans zu bieten hatte. Man färbte Fertig die Haare weiß, dazu noch Bart und Augenbrauen. Er trug ein weißes Wrestlingoutfit und betrat in den Saal mit einem weißen Umhang. Begleitet wurde er dabei von einer mysteriösen Melodie und hellem Licht. Nicht dunkel – hell. Anstelle einer Urne brachte er ein, natürlich weißes, Kreuz mit zum Ring und im Ring angelangt blieb es ihm selbstverständlich erspart, die Moves seiner Gegner zu sellen. Man schien Mordecai tatsächlich konsequent bei Smackdown pushen zu wollen und ließ ihn seine wenigen Gegner absolut zerstören. Ende Juni 2004 wurde er Teil des ersten WWE’schen Great American Bash und trug in seinem Match gegen Hardcore Holly nicht unwesentlich an dem Ruf des PPV’s als schlechtestem aller Zeit bei.

Konsequent wie man ihn pushte und auch Holly zerstören ließ, bewies man bei der nächsten Smackdown-Ausgabe Größe. Wie es sich für ein Monster in den den Kinderschuhen gehörte, zerstörte Mordecai Cruiserweights und so war es in der auf den Bash folgenden Smackdown-Ausgabe der Cruiserweight Champion Rey Mysterio, der Mordecai zum Fraß vorgeworfen werden sollte. Mysterio besiegte den weißen Riesen und damit begrub man den jämmerlichen Versuch, einen Albino-Taker zu etablieren. Auf den Tag genau zwei Jahre später kehrte Fertig in die Hauptshows von World Wrestling Entertainment zurück. Dieses Mal als Vampir namens Kevin Thorn. Aber das – ist eine andere Geschichte.

[Mr. America]
Im Jahr 2003 bestimmte eine Fehde die erste Jahreshälfte. „20 Years in the Making“ war der Leitspruch des finalen Aufeinandertreffens vom unsterblichen Hulk Hogan und Vince McMahon bei WrestleMania 19. Tatsächlich war es ganz okay und es war erfrischend zu sehen, dass man ausnahmsweise keine jungen aufstrebenden Talente in einer Fehde mit McMahon oder Hogan blockierte, sondern die beiden alten Herren einfach gegeneinander antreten ließ. Hogan bezwang selbstverständlich den Chairman und dieser bedankte sich durch eine „Suspendierung“ des Altstars. Eigentlich gab er den Fans dadurch das, was sie wollten, aber Hogan wäre nicht Hogan, wenn er nicht irgendwie einen Ausweg aus dieser Misere gefunden hätte. Dieser Ausweg war „Mr. America“, ein maskierter Herr in den Jahren, durch dessen blau-weiß-rote Maske lediglich ein gelb-grauer Schnäutzer herausquillte. Einen Bonuspunkt gibt es definitiv für den Mut, Hulk Hogan tatsächlich unter eine Maske zu stecken, aber das wird wahrlich auch der einzige Punkt sein, den das Mr.-America-Gimmick jemals bekommen wird.

Nachdem Roddy Piper in das WrestleMania-Match eingriff, war in ihm auch gleich ein erster Fehdengegner für den maskierten Rächer gefunden. Piper machte Sean O’Haire zu seinem Schützling und man nahm dies als Versuch, O’Haire in der Fehde mit Hogan in en Himmel zu pushen. Derweil fehdete Vince McMahon mit dem einbeinigen Zach Gowen und Hogan ließ es sich nicht nehmen, den einbeinigen König der Unglaubwürdigen unter seine Fittiche zu nehmen. Es ergab sich ein Fehden-Fünfeck und die Teilnehmer muss man sich wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen. Der Chairman – ein 58-jähriger Bodybuilder ohne Wrestlinghintergrund. Mr. America – ein 50-jähriger mit künstlichem Hüftgelenk. Roddy Piper – 52, übergewichtig, geschätzte zwanzig Jahre über seinem Zenit. Zach Gowan – mit 20 Jahren zwar in einem tollen Alter, aber der Junge hat nunmal nur ein verdammtes Bein. Und abschließend Sean O’Haire – der einzige wirkliche Wrestler in der Gesellschaft, der bisher jedoch auch so ziemlich nichts an Erfolgen bei WWE vorzuweisen hatte.

Grundlage der Geschichte um Mr. America war, dass Vince McMahon der Meinung war, Hulk Hogan würde sich unter der Maske verstecken und er setzte alles daran, dies auch zu beweisen. Es war so dumm – schließlich hat man Hogan entlassen und genau diesen Punkt On Air als Grund verkaufen wollen. McMahon erklärte, er habe nun endgültig herausgefunden, dass Mr. America niemand geringerer sei als… Hulk Hogan! Uuuuuhhhh…. Und ihn deshalb entlassen. Wie gesagt – es war so dumm und eine Beleidigung für jeden Fan, der es sich ansehen musste. Schade war es einzig und allein für Sean O’Haire, der so um seinen Push gebracht wurde und hierfür auch niemals Ersatz bekam.

[Queen Sharmell]
Der Punkt, an dem Sharmell Sullivan wirklich anfing zu nerven, ist sehr schwer festzumachen. Eigentlich war es ein laufender Prozess, der sich von ihrem TV-Debut im März 2005 bis zu ihrer Entlassung im  Oktober 2007 erstreckte. Eigentlich ist das schade, denn im Gegensatz zu vielen anderen Valets war ihre Rolle sehr viel liebevoller gebookt und aufgrund ihrer Real-Life-Ehe mit ihrem Schützling Booker T. auch um einiges glaubwürdiger als Mann/Frau-Connections wie bspw. die zwischen Kelly Kelly und Balls Mahoney oder zwischen Al Wilson und Dawn Marie. Sharmell’s Problem war ausnahmsweise also mal nicht die Unfähigkeit des Booking Teams sondern vielmehr… Sharmell. Sie selber war das Problem, denn Sharmell war stets das personifizierte Nervengift für die Fernsehzuschauer. Sie war die Florian Silbereisen des Wrestling, sie war das leise ungleichmäßige Tropfen des Wasserhahns bei Nacht.

Sharmell debütierte Anfang 2005 an der Seite ihres Ehemanns während dessen Fehde mit Kurt Angle. Booker T. befand sich damals in einer Wesenskrise. Sein Stern war bereits weit gesunken und es kündigte sich keinerlei Besserung für die nahe Zukunft an. Seine frischgebackene Ehefrau war anscheinend der Masterplan, mit dem man Booker wieder zu Belang verhelfen wollte. Belang gewann er zunächst nicht, lediglich Heat erntete er durch die Anwesenheit seiner Ehefrau wesentlich mehr als zuvor. Genau diesen Umstand nutzte man schließlich aus und ließ Booker T. den King of the Ring 1996 auf umstrittene Art und Weise gewinnen. Aus Booker T. wurde dadurch nicht nur „King Booker“, aus seiner Ehefrau wurde schließlich und folgerichtig „Queen Sharmell“. Ein Segen für Booker, der in seinem neuen Gimmick einen zweiten Frühling erlebte – eine Zumutung für den Wrestlingfan, denn Sharmell blühte in dieser Phase zur Hochform auf.

Sie begann, ihren Mann mit den Worten „All Hail King Booker“ anzukündigen. Immer und immer wieder sagte sie diesen Satz und betonte das „Booker“ auf eine Art und Weise, die einem spätestens nach der zweiten Wiederholung dermaßen auf den Puffer ging, dass man ungeahnte Aggressionen entwickelte. Statt zwei Wiederholungen präsentierte uns die Königin den Satz stolze zwanzig Mal in Folge und hatte nach Booker’s Einmarsch nicht nur das komplette Publikum sondern auch stets Booker’s Gegner gegen sich aufgebracht. Kein Wunder also, dass bei Batista eine Sicherung durchknallte, als er sich den World Title von King Booker holte. Man könnte also behaupten, dass Queen Sharmell’s Heel-Gimmick prächtig funktionierte. Man kann’s aber auch lassen und sie vollkommen zu Recht in den Gimmickmüll aufnehmen.

[René Dupree]
An sich ist es keine so dermaßen große Frechheit, einem Wrestler eine Nationalität anzudichten, die nicht der seinen entspricht. Akio wurde schließlich erst erfolgreich, als er aus Texas kam und Yokozuna wäre als Hawaiianer vermutlich niemals World Champion geworden. Somit war es auch kein Skandal, dass man  den Kanadier aus Paris stammend vorstellte. Einen französischen Akzent hatte er zumindest und damit war er für WWE-Verhältnisse fast schon überqualifiziert für die Rolle des bösen Franzosen. Zusammen mit Sylvain Grenier, ebenfalls kanadischer Neu-Franzose, debütierte er im April 2003 als neues Heel-Tag Team „La Resistance“ und auf den ersten Blick erkannte man damals das Potential hinter dem Gimmick. Innerhalb kürzester Zeit sprang das patriotische amerikanische Publikum auf die beiden vermeintlichen Franzosen an und hasste sie aus tiefsten Herzen. La Resistance war nach wenigen Wochen die Leitfigur des Fanhasses und dominante Macht in der Tag Team Division.

Nach einem Jahr der Zusammenarbeit sollte Dupree die Ehre zuteil werden, einen Singles-Push zu bekommen. Grenier verblieb bei RAW und bildete fortan mit Rob Conway das französische Antipatrioten-Team, Dupree wurde während der Draft Lottery 2004 zu Smackdown getradet. Bewaffnet mit einem Pudel ließ man ihn sofort auf den US Title los und startete eine Fehde mit dem damaligen Champion John Cena. Mit dem „Café de René“ gab man Dupree gar sein eigenes Interview-Segment. Ebenso kurzlebig wie dieses Segment war dann leider aber auch sein Push. Er unterlag Cena in der Fehde und man hatte scheinbar nichts für die Zeit danach für ihn vorbereitet. Lieblos bookte man Dupree, dessen Outfit – speziell der Bartwuchs – immer skurrilere Ausmaße annahm, in ein Team mit dem noch viel schlimmeren Gimmickunfall Kenzo Suzuki und gönnte den zweien tatsächlich einen Push bis an die Tag Team Spitze von Smackdown.

Nach dem Ende der Regentschaft splittete man das Team jedoch schon wieder und tradete Kenzo zu RAW. Dupree verblieb bei Smackdown und arbeitete sich mit viel Bedacht immer weiter in die Lower Card. Er hatte Talent, er hatte Charisma – aber er hatte nun mal dieses total behämmerte Gimmick, das sich seit seinem Trade in den blauen Brand in keinster Weise weiter entwickelte. Wie gesagt, bis auf den Bartwuchs, der bis heute noch als eines der größten Mysterien der WWE-Barbarie zählt. Der Trade zurück zu RAW brachte keine wirklichen Veränderungen. Erst der Trade zur ECW präsentierte René Dupree in einem neuen vielversprechenden Gimmick. Anscheinend zu vielversprechend, denn nach nur vier Auftritten in diesem neuen Gimmick stampfte man es schon wieder ein, reformierte die Urversion von La Resistance, stampfte auch diese nach einem einzigen Auftritt wieder ein und entließ schließlich sämtliche Mitglieder, die jemals Teil dieses Teams waren. So auch Dupree – und das obwohl er seinen Bart schon längst wieder abrasiert hatte.  

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!