Jake "the Snake" Roberts

...oder:
"Warum es stoned viel einfacher ist, wenn man... 22 hat... und dann kommt die Schlange raus *grunz* DDT! DDT! DDT!... oder so..."


So, werte Leser, wer das hier liest ist offensichtlich sowohl ein Freund meiner Kolumne als auch von der durch Ben angeregten Suche nach Easter Eggs, und demnach verdient eben jener geneigte – ich denke, ich darf so weit gehen – Hardcorefan einen ganz besonderen Text. Heute geht es um einen der Helden meiner frühen Fanzeit, der eine Fallhöhe bewiesen hat, die selbst in diesem Sport der Könige selten bis beispiellos sein dürfte. Nicht nur, dass er wahnsinnig weit oben war, er ist auch noch so dermaßen tief gefallen wie sonst nur der Kojote bei Bugs Bunny. Natürlich reden wir hier über Jake „The Snake“ Roberts, den Schlangenmann. Meinetwegen war er nicht Champion, aber er war zeitweise Ende der 80er, Anfang der 90er so dermaßen over, dass er ohne jeden Witz in der Gunst des Publikums eine ernste Bedrohung für Hulk Hogan war – und wer sich ein wenig in dessen orangefarbener Geschichte auskennt weiß wie hart das damals war. Das Publikum liebte es ihm zuzusehen, egal ob er gerade Face oder – wesentlich überzeugender – der sadistische Freak-Heel war. Alleine mit seiner Schlange genügte er ja damals schon den hohen Anforderungen in der WWWFE, aber zudem hatte er auch eine derart intensive Ringpräsenz, dass er absolut jeden in seinen Bann zog. Noch dazu war er ein ziemlich guter Ringgeneral, will heißen er war vielleicht nicht der technisch beste Athlet, aber er wusste wie man einen stimmigen Kampf auf die Beine stellt. Das kombiniert mit großen Athleten wie Randy Savage oder Ricky Steamboat, und das Resultat waren Kämpfe die einen exzellenten Aufbau hatten, Stichwort: Ringpsychologie. Ich könnte noch weiter schwärmen, aber wir wollen uns ja nicht die subjektive Voreingenommenheit versauen mit denen er im Rest dieses Textes als Drogenwrack identifiziert werden wird. Es reicht wenn wir festhalten: er war ein echt überzeugender Charakter der eine ganz eigene Note hatte und jederzeit das Publikum unterhalten konnte.

Wie aber eben schon angesprochen gibt es natürlich nicht nur die guten Seiten, sondern auch die dunklen Seiten. Viele dunkle Seiten. So viele dunkle Seiten, dass vermutlich viele jüngere Fans gar keinen Schimmer mehr davon haben, dass dieses durchgeknallte Fossil vor ewigen Zeiten eine der coolsten Säue des Wrestlinguniversums war. Wieso das alles so abgeglitten ist – keine Ahnung, und offen gestanden ist es auch nicht wichtig, ab einem gewissen unterschrittenen Punkt ist eine eventuelle Begründung durchaus nicht mehr von Interesse. Jedenfalls ist der Schlangenmann seit mindestens zehn Jahren dauerbreit, die paar Wochen WWE-Reha und vielleicht sogar danach mal ausgenommen. Schön hatte es der unvergleichlich coole Honky Tonk Man formuliert, als er nach seinem denkwürdigen Independent-Spektakel gegen Mr. Warrior einen Jungen nach seinem Fankrempel gefragt hatte. Der Bub wollte ein Autogramm, der launige Doppelelvis fragte nach dessen Süßigkeitendose, auf der eben unter anderem auch Jake Roberts aufgemalt war, und der Junge meinte das wäre seine Dose für Nose Candy, in der Familie Von Erich auch als Kokain bekannt. Daraufhin entgegnete der Honky Tonk Man, dass es in diesem Fall eigentlich direkt in Jakes Nase gehöre. Ein weiteres Indiz war dann die Storyline 1996 in der WWF, als Jerry Lawler sich über Jake Roberts und dessen Alkoholprobleme lustig machte. Gut, eine coole Antwort wäre gewesen, dass die Sexpartnerinnen von Jake wenigstens schon Alkohol trinken dürfen, aber Pädophilie ist heute nicht das Thema. Jedenfalls lachte sich, in seiner Rolle als Gastkommentator, der frisch verpflichtete Mark Henry den Arsch ab, bis ihm erklärt wurde dass er doch eigentlich ein Freund von Jake sein soll. Ist ja auch schwer, so mit gut und böse, kann ich schon verstehen. Spätestens ab dann wusste aber jeder Wrestlingfan, dass Jake vermutlich ein wenig auf chemischen Abwegen unterwegs ist. So richtig spaßig wurde es dann jedoch im Herbst 1999. Die letzten Jahre des alten Jahrtausends waren ja geprägt von einem unfassbaren Boom des gesamten Wrestlings. Zwei große Ligen trieben sich gegenseitig zu immer höheren Einschaltquoten, es war sogar damals an amerikanischen High Schools cool und geradezu en vogue, mit T-Shirts seiner Helden aufzutauchen – gut, wer ein Shirt von Ed Leslie anhatte wurde immer noch vertrimmt, aber immerhin von einem Typen mit Steve-Austin-T-Shirt. Eine Dokumentation über den von uns so verehrten Sport kam Ende Oktober unter dem Titel „Beyond the Mat“ auf den Markt und sogar in die Kinos. Darin wurde neben anderen interessanten Einsichten auch durchaus interessantes Material von unserer Lieblingsschlange gezeigt. Einmal sah man, wie er backstage einschlief, was vermutlich durch seine nicht eben in Ehren gehaltene Nüchternheit bedingt war. Ein anderes Highlight war dann die Verrichtung seiner Notdurft in eine Büchse, was eventuell auch nicht ganz unberauscht geschah. Aber mein persönliches Lieblingssegment war der Hinweis darauf, dass der Bursche nach einem Gespräch mit seiner Tochter (vor der Kamera) erst einmal ordentlich Crack rauchte (nicht vor der Kamera). Also alles in allem: einwandfreie Werbung für den Meister des DDT, kurz: Drogendeponie aus Texas, oder was meintet ihr wofür das steht.

Ein wenig vorher fand jedoch vermutlich DAS prägende Ereignis seiner späten Karriere statt. Ein gewisser Bill Stone wollte sich auch die Nase vergolden (die Drogenwortspiele kommen einfach von ganz alleine…) indem er einen PPV mit alten Helden veranstaltete, Heroes of Wrestling. Um es kurz zu machen: es war die vermutlich schlechteste Wrestlingveranstaltung aller Zeiten, und der Schlangenmann hatte daran einen ordentlichen Anteil. Eigentlich den Hauptanteil, aber ich will ja nicht vorgreifen. Nach einem faden Haufen Langeweile, unter anderem mit den Bushwackers, Nikolai Volkoff, dem Iron Sheik, Abdullah the Butcher und Marty Jannetty (kein Wunder dass die Party backstage anscheinend gerockt hat) betrat Jake die Interviewbühne und sollte eine Promo für seinen Kampf gegen den Amboss Jim Neidhart halten. Kurz vor der Sendung wurde Jake mit Unterhaltsforderungen konfrontiert, und Jakes Standardlösung für Probleme jeder Art ist entweder eine Flasche in einer braunen Tüte oder aber die gute alte Crackpfeife. Ich denke einmal jeder kennt das Folgende auf Englisch, aber hier folgt nun eine Übersetzung des Originaltextes (die es meiner Kenntnis nach noch nirgends im deutschsprachigen Web bei vernünftigen Seiten gibt), der dankenswerterweise von RD Reynolds von www.wrestlecrap.com aufgeschrieben wurde. Stellt euch das Ganze noch so vor, dass Jake dabei mächtig Schlagseite hatte, am Interviewer hing und insgesamt einfach mächtig durch den Wind war. Zuerst auf Deutsch, in Klammern mit eigenen Anmerkungen, danach dann der Originaltext, mit Anmerkungen von RD Reynolds.

Im Spielcasino wird gespielt. Hör mal Anvil, du willst nicht gegen mich spielen, weil ich betrüge. Ja, ich betrüge. Du willst 21 spielen, ich habe 22 (was für ein fieser Trickser). Du willst Blackjack spielen? Davon habe ich auch zwei Stück! Du willst Asse und Achter spielen? Tja, die habe ich auch. Unterm Strich bleibt… mit mir spielt man nicht…*grunz*…wenn du in ein Spielcasino (wer es noch nicht mitbekommen hat: die Show war in einem Spielcasino… wenigstens etwas) gehst, wenn du spielen willst, dann musst du es akzeptieren zu verlieren. Ich akzeptiere es nicht zu verlieren, genauso wenig wie Damien. Damien, mein Freund! Mein Freund Damien ist mit dabei. *wieder grunzen* Das willst du nicht sehen, wie? Ich erkläre dir mal was… Ich sag dir, Anvil, geh nur und laß die Würfel rollen. Hey, Kameramann, pack deinen Arsch wieder zurück! *wird sauer, Kameramann filmt zu lange die Schlange* Halloooo, ich rede mit dir! Bring die Kamera zurück! Darüber solltest du dir Sorgen machen, Anvil. Am Ende, wenn der DDT kommt, dann kommt die Schlange heraus (dass er das später noch wörtlich meint…). Fürchte den DDT! DDT, DDT, DDT, DDT (beginnt zu schreien), DDT! DDT! DDT! *schließlich beginnt ungefähr einer der schätzungsweise 500 Zuschauer mitzugrölen* DENK DRÜBER NACH!

In a cashino, you should gamblllle. Let me tell you something, Anvil, you don't want to play cards with me, because I'll cheat. Ok, I cheat. You want to play 21, I got 22. You want to play black jack? I got two of those too. (RD: HUH?) You want to play aces and eights? Well, I got some of those too. Bottom line is this. You do not gamble with me....*more slurring*...when you walk into a casino, when you want to gamble, the main thing you must do, is this, you must accept losing. I don't accept losing, and neither doesh Damien. Damien, my friend! My friend Damien is right here. *mumbles incoherently* You don't want to see this, do you? Let me show you something. I tell you what Anvil, go ahead and roll the dice. Mr. Cameraman, get your ass back up here. *getting angry* HELL-OOOO, I'm talkin' to you. Get that camera back up here. Thatsh what you should worry about Anvil. The bottom line is this, when the DDT comes, then the snake comes out. Worry about the DDT. DDT, DDT, DDT (begins yelling) DDT! DDT! DDT! *finally one of the 500 or so people in the audience chants along* THINK ABOUT IT!

So, das war schon wirr genug, aber es geht alles noch tiefer. Jake taumelte zum Ring, ließ sich von einem weiblichen Fan den extrem aufgedunsenen Körper angrabschen und torkelte weiter zum Ring. Jim Neidhart wollte nun offensichtlich wirklich nicht mit jemanden spielen der 22 (Promille?) hat und machte sich erst einmal aus dem Staub. Aber kein Problem für einen Ausnahmeathleten, dann nimmt man eben die Schlange aus dem Beutel, hält sie sich zwischen die Beine und simuliert eine gute alte Solosexnummer, wie es die Bravo wohl schreiben würde. Irgendjemand backstage schien dann zu realisieren dass die gesamte Angelegenheit wohl ein wenig aus dem Ruder zu laufen drohte, und demnach wurde prompt ein Tag Team zwischen Neidhart und King Kong Bundy auf der einen und Jake und Yokozuna auf der anderen Seite improvisiert. Lustigerweise wollte Jake sich anscheinend nicht pinnen lassen, und so musste King Kong Bundy ihn recht unsanft auf die Matte drücken. Anschließend verließen die nüchternen Wrestler den Ring und sahen Jake dabei zu wie er im Ring andeutete die Schlange wirklich rauszuholen – und damit meinte er leider nicht Damien. Damit endete gleichermaßen dieser PPV (mitten im letzten Satz der Kommentatoren, nicht dass es schlimm gewesen wäre) wie auch Jakes ernstzunehmende Wrestlingkarriere. Ich denke ich gehe nicht zu weit wenn ich festhalte dass er danach eigentlich nur noch als Drogenwrack wahrgenommen wurde. Dennoch trat er auch weiterhin independent und ab und an sogar für TNA an, bis er schließlich Ende 2007 das Angebot von WWE annahm und ein gründliche Entgiftung in Angriff nahm. Natürlich hoffte man das Beste, insofern war es nur teilweise lustig als er dann im September 2008 einen recht bedauerlichen Rückfall hatte. Die Kurzfassung: angeblich heimlich mit Alkohol abgefüllt war Jake nicht in der Lage das Match auch nur irgendwie zu führen, das er hätte führen sollen, wurde nach dem Match wüst von seinem Gegner beschimpft und zeigte dann danach dass er doch eine Schlange dabei hat – er steht eben darauf blankzuziehen wenn er zugedröhnt ist.

Abschließend bleibt einiges festzuhalten. Zum einen ist Jake ein wirklich bedauernswertes Wrack, der vermutlich tiefer gefallen ist als jeder noch lebende Athlet. Zum anderen ist es durchaus in Ordnung dies alles zu schreiben, da er wirklich Chancen gehabt hat und immer wieder betrunken öffentlich auftritt – und durch dieses öffentliche Auftreten qualifiziert er sich dafür hier behandelt zu werden.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!