Das Märchen vom ungeliebten Riesen
…oder: Der Fluch des Goldes

Es begab sich zu einer Zeit, in der ein jeder Ritter des Landes nach nur einer Sache strebte: den großen Goldschatz zu besitzen. Einst gepresst auf einen prunkvollen ledernen Gürtel, schmückte das Gold stets den kühnsten Helden und den mutigsten Kämpfer im ganzen blauen Königreich. Soweit zumindest die Legende, denn im besagten Königreich regierte ein König, der sich nicht nur diesen monarchischen Titel einst erstohl, sondern auch das Gold zu besitzen, gar Greueltaten verrichtete. Der König des mysteriösen Zwergenlandes war es, der das Gold über lange Zeit bewachte, bis ihn einer seiner engsten Zwergenfreunde an den König verraten hatte und den güldenen Hüftschmuck auf diese Art und Weise in die schwarzen Hände des Königs legte.

Das Glück des Königs bestand darin, dass der Zwerg eher entgegen des Verräters im Zwergenreich nach Rache dürstete, als sich um den Verlust des wertvollen Schatzes  zu scheren. So ward es, dass das Gold die Hüften nun des Königs schmückte. Und dieser regierte stark und gnadenlos – selbst im Vergleich mit den Herrschern anderer Reiche bewies er seine Macht und erreichte mithilfe eines Barden die höchste Krone des gesamten Großreichs. Doch nicht ewiglich währt der Ruhm, das musste auch der König bald erfahren. Der Zwerg, das wurd bisher noch nicht erzählt in diesem Märchen, war schließlich nicht der ursprüngliche Besitzer des goldenen Gürtels. Lange bevor der Zwerg auch nur in der Nähe des Goldes umherflog, besaß ihn der mächtigste Mann des Großreiches – der Spieler, der so unheimlich gut war – die Legende – der König der Könige. Seine Macht schien unendlich und erst das mächtigste Tier der Zeit, gar ein Ungeheuer, bezwang den König der Könige auf dem weitesten Schlachtfeld des Reiches. Das Tier bewachte das Gold wie sein eigen Nachfahre und jeder Versuch des Königs der Könige seinen Besitz zurückzuerobern scheiterte an der unbändigen Kraft des Ungeheuers.

Doch so schön das Prunkstück auch leuchtete, so gülden es glänzte – den Gürtel umgab ein dunkles Geheimnis, ein Fluch, so böse wie er nur aus der Feder des Beelzebub persönlich entstammen konnte. Aller Kraft des Tieres zum Trotz siegte der Fluch über das Ungeheuer und was kein Jäger in der langen Zeit schaffte, schaffte letztlich der Schatz mit seinem Träger. Das Ungeheuer ging unter und verlor das Gold, ohne jemals ehrenvoll erlegt worden zu sein.

Die Gier der Ritter erwies sich als stärker als die Angst vor dem Fluch und so ergab es sich, dass der Gewinner einer großen Schlacht zwischen vielen Rittern des Landes  neuer Besitzer des verfluchten Goldes wurde. Der Sand floß durch die Sanduhr und letztlich kam dann erst der Zwerg an den wertvollen Schatz – auf welchen großartigen Weg, das ist eine andere Geschichte.

Aber warum der weite Ausflug in die Vergangenheit des Goldes? Was hatte der König mit all dem zu tun? Die Antwort war sehr einfach: Der Fluch, neben all seiner Macht, hatte wie so oft eine elementare Schwäche. Er blieb niemals auf ewig auf einem hängen und so ergab es sich, dass das mächtige Tier, erholt von den Strapazen des Fluches, eines Tages wieder stark seiner Macht vor dem König erschien und seinen Schatz zurückforderte. Am Ende einer langen Schlacht gelang es ihm und die Regentschaft des Königs nahm ein schmerzvolles Ende.

In den Augäpfeln des gierigen Tieres spiegelte sich wieder Gold – doch nun wusste es vom grausamen Fluch und suchte nach Wegen, ihn zu besiegen. Alchemisten, Magier und Deuter der Wissenschaften befassten sich mit dem Exorzismus des Schatzes, doch keiner dieser Versuche sollte von Erfolg gekrönt sein. Dem Tier war klar: Der Fluch endet im Tod und er fasste den Schluss nicht auf dieses Schicksal zu warten, sondern ihm direkt entgegen zu blicken. Auf demselben Schlachtfeld, auf dem er einst den großen König der Könige besiegte, überreichte er seinen Schatz dem Sensenmann höchtsselbst und war so dem Fluch entkommen.

Viele Bürger sahen dies mit Erleichterung, zwar hielt der Sensenmann persönlich nun den goldenen Gurt sein eigen, doch mit ihm schien nun auch der prunkvolle aber auch so bösartige Schatz auf Ewig ins Reich der Untoten verbannt. Die Macht des Fluches – daran glaubte nicht einmal der naivste Tunichtgut des Landes. Ein nie zu erwartender Schock durcheilte das Reich, als die Nachricht publik wurde, dass der Fluch gar den Sensenmann besiegte. Unverständis, Panik, Aufruhr – das Land stand Kopf und nur ein Auswanderer eines weit entfernten Reiches konnte den Wahnsinn besitzen, den zermürbenden Schatz des Untoten an sich zu reißen. In seinem Land war er ein gefeierter Krieger, wenngleich auch nicht ganz jugendfrei -  doch nun im blauen Reich verzauberte ihn das Glitzern des Schatzes und so besaß er nicht nur den legendären güldnen Gürtel, sondern gleichsam auch den Fluch, der an ihm nagte.

Das Tier – schon zwei Mal vom schrecklichen Zauber des Gürtels gebrandmarkt – versuchte alles, um den edlen Ritter aus dem fremden Reich vom Gold und so auch vom Fluche zu befreien, doch es gelang ihm nicht, die Kraft des Tieres schien zu schwinden. Während der gefallene Sensenmann sein eigen Fleisch und Blut aus der Hölle auf den Ritter hetzte, stand am anderen Ende des Reiches ein letzter großer Kampf für das Tier bevor. Der Riese aus dem fernen Osten forderte das stärkste Wesen des Landes heraus und das Tier sah diesen Kampf als großen Beweis seiner Stärke an. Das Land erbebte unter den Rivalitäten des Riesen mit dem Tier und des Höllenkriegers mit dem ritterlichen Besitzer des Goldes – das Reich erstarrte schon viele Monde bevor sich die erbitterten Feinde auf dem Schlachtfeld begegnen sollten.

Der Fluch. Neben all der Feindseligkeit, die über dem blauen Reich lag, ward er fast vergessen. Und so ergab sich, dass der Ritter ihm zum Opfer fiel, noch bevor die Ausgeburt der Hölle das Land der Untoten rächen konnte. Der fremde Ritter war gefallen und ein weiteres Mal war die Gier der Krieger um so vieles größer als die Angst vor den Folgen des Fluches. Ein jeder jagte nach dem Schatz und sie bekriegten sich in der entscheidenden Schlacht so gnadenlos, dass sie die Ankunft des Riesen aus dem fernen Osten nicht einmal bemerkten. Zu stark und mächtig erwies sich die Kraft des Fremden und die Schreckensherrschaft begann. Das Volk sah den Schatz ungläubig in den großen Pranken des neuen Herrschers und so begab es sich zum ersten Mal im Lande, dass ein jeder nach dem flehte, dass bisher so eingängig verabscheut wurde: Das Volk betete nach der Macht des Fluches, denn nur er sollte die Macht besitzen, das Reich vom Riesen zu befreien.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!