Why Shawn rules.

Irgendwas passsiert gerade bei WWE.
Überraschend war zunächst die Tatsache, dass sich Shawn Michaels bei WrestleMania 22 tatsächlich einem Non-Wrestler gegenüberstellt und sich somit selber seines Showstealer-Status für diesen Abend beraubte. Ein Status, den er sich über viele Jahre hinweg erarbeitet und verdient hat.

WrestleMania 21
2005 unterlag Shawn zwar dem großartigen Kurt Angle, lieferte aber das wohl beste Match dieser WrestleMania und des gesamten Jahres ab. Einmal mehr bewiesen diese beiden Männer, dass sie es sind, die diesen Sport so erfolgreich machen. Nämlich eben diese Männer, die Fehden durch ihre unglaubliche Präsenz einzigartig vorbereiten und dem Abschluss der Sache durch raffinierte Ringpsychologie und durch das Erzählen einer Geschichte im Ring ungeheure Macht verleihen. Shawn Michaels und Kurt Angle – eigentlich hatte die beiden damals nichts miteinander verbunden, außer der Tatsache, dass sie in der Lage waren, eben diesen epochalen Kampf abzuliefern und natürlich die Tatsache, dass es das erste Mal wäre, dass sie aufeinander treffen. Ein großartiger WrestleMania-Moment und sicherlich eines der wichtigsten Matches der Neuzeit.

WrestleMania 20
Auch 2004 konnte Shawn Michaels zwar nicht bei WrestleMania gewinnen, was aber überhaupt keine Rolle spielt wenn man A. den Status eines Heartbreak Kid erreicht hat und B. im Main Event des größten sportlichen Ereignisses in diesem Business steht – das ist Erfolg genug. Seine Gegner in diesem Main Event waren der Champion Triple H und der Rumble-Gewinner Chris Benoit. Eigentlich hatte man mit HHH und Benoit das typische Champ/Contender-Szenario. Hunter war gehasst und Benoit der aufstrebende Liebling der Massen. So wirklich sicher, ob Benoit tatsächlich eine WrestleMania tragen könne, und dann auch noch die Jubiläumsausgabe, war man sich aber nicht. Also brachte man Shawn als „Absicherung“ ins Spiel. Dass Benoits Fähigkeiten für einen sensationellen Main Event ausreichen, das hatte wohl niemand bestritten. Es geht aber nun mal um mehr, es geht um den Aufbau einer Geschichte, das Wecken des Interesses der Fans. Hunter kann das, Benoits Ding war das noch nie so wirklich. Mit Shawn hat man das Match um eben diesen Faktor ergänzt, der der Storyline den nötigen Biss und die notwendige Würze verliehen hat. Letztlich spielte sich die Entscheidung im Match dann so ab, wie es geplant war und auch sein sollte: Ohne Shawn. Wäre das komplette Match aber ohne ihn besser gewesen? Dieser Main Event ging aus drei Gründen als einer der besten in die WrestleMania-Geschichte ein: Chris Benoits Titelgewinn und die anschließende Feier mit Eddie Guerrero. Triple H’s Wandel vom Machtbesessenen Schwiegersohn des Chefs hin zum Star, der aufstrebende Männer aufbaut, indem er sich für sie hinlegt. Ja, und Shawn Michaels, der die Geschichte und das Match auf das Level gehievt hat, dass diese Geschichte bis heute überhaupt noch in den Köpfen der Fans festsetzte.

WrestleMania 19
Trotz des großartigen Hauptmatches zwischen Kurt Angle und Brock Lesnar, war dieses Aufeinandertraffen lange nicht der Höhepunkt dieser Show. Ähnlich wie zwei Jahre später kombinierte man Shawn Michaels bei dieser WrestleMania mit einem Mann, der den Showstealer zum Selbstgänger machen musste. Und genau das taten Chris Jericho und der Heartbreak Kid an diesem Abend. Oft hörte man Stimmen, die besagten, Chris Jericho sei der Shawn Michaels des 21sten Jahrhunderts. Als Shawn dann tatsächlich in den Ring zurückkehrte, wartete ich auf eben dieses eine Match und Y2J und HBK belohnten diese Erwartung durch eine tolle Story und ein unbeschreiblich erzählten Fight. Fragt man mich, welches Match ich mir als Headliner für eine kommende WrestleMania wünsche, dann ist es eine Neuauflage dieses Klassikers. Wieder einmal ein Showstealer in der Midcard der Show, der die Klasse zweier Männer unterstrich, die es verdient gehabt hätten, den großen Spot zu erhalten.

WrestleMania 14
Sein vorerst letztes Match für fast fünf Jahre bestritt Shawn Michaels im Main Event der vierzehnten jährlichen WrestleMania. Sein Gegner: Steve Austin. An sich gehört Austin was die In-Ring-Performance angeht sicherlich nicht auf dieselbe Liste wie Kurt Angle, Chris Benoit oder Chris Jericho, er gehört aber sicherlich auf die Liste derer, bei denen es keine Rolle spielte. Austin konnte überzeugen und einen Kampf verkaufen, auch ohne dabei durch die Gegend zu fliegen oder hochtechnische Manöver anzuwenden. Shawn Michaels war damals der Anführer der d-Generation X, die um diese Zeit ihren absoluten Höhepunkt erlebte. Aus der Fehde mit Austin entstand eine meiner absoluten Lieblingsszenen ever: Die d-X attackierte Austin nach einem Statement. Shawn und Hunter „fesselten“ Austin an das Ringseil, indem sie seine Arme zwischen dem mittleren und dem obersten Seil einklemmten. HBK nahm den Championgürtel, hielt in ins Gesicht des absolut fertigen Steve Austin und rief immer und immer wieder „This is it! This it is, Austin!“. Geiles Entertainment und global medial gesehen einer der wohl bedeutendsten Main Events, da man Mike Tyson als Special Enforcer für das Match gewinnen konnte. Ein Showstealer im Main Event. Ein toller Kampf, Steve Austin gewinnt den Gürtel, Mike Tyson turnt gegen HBK, eine starke Fraktion aus HBK und HHH – genannt d-Generation X. Tja, und die Verletzung von Shawn Michaels, die seine Karriere bis zum Jahr 2002 außer Gefecht setzte.

And finally... WrestleMania 22
Natürlich gab es noch weitere Showstealer, die Shawn Michaels WM-History komplettieren würden – allen voran das Iron Man Match mit Bret Hart oder auch der gemeinsame Main Event mit Buddy Diesel. Aber darum soll es hier nicht gehen, denn eine bessere WrestleMania, als die gerade beschriebene vierzehnte kann es nicht geben, um an den einleitenden Satz anzuknüpfen.

Irgendwas passiert gerade bei WWE.

Shawn Michaels, der Mann, der dafür berühmt geworden ist, egal ob im Main Event oder in der Midcard, allen anderen bei WrestleMania die Show zu stehlen, sollte im Jahr 2006 auf einen 60-Jahre alten Non-Wrestler treffen. Er hatte Hogan überstanden und nun sollte es Vince McMahon sein, der die lange Showstealer-Geschichte des Heartbreak Kid durchbrechen sollte. Einen enormen Raum für Spekulationen hatte mn natürlich vollkommen beabsichtigt, schließlich war der Aufhänger für die Fehde der Montreal Screwjob – und kein geringerer als Bret Hart sollte bei WrestleMania 22 aufgrund seiner Aufnahme in die Ruhmeshalle anwesend sein. So unwahrscheinlich sein Erscheinen oder Mitwirken an dieser Fehde auch war, ein bisschen hat wohl doch jeder gehofft, dass es passieren würde. Das Match an sich wurde damit vollkommen nebensächlich – und doch schaffte es Shawn Michaels mit seinem Elbow Drop von der Riesen-Leiter einen der wohl zukünftig meistgezeigten WrestleMania-Momente abzuliefern. Shawn durfte wieder mal auf seiner Bühne gewinnen. Aber all das war nebensächlich, all das ist es nicht, was mich dazu veranlasste zu sagen, dass gerade irgendwas bei WWE passiere.

Die Leiter - der Blick - das Zeichen
Es war der Moment, an dem Vince McMahon blutend auf dem Tisch lag, umhüllt von einer Mülltonne. Shawn Michaels bestieg die große Leiter, positionierte sich am Kopf eben dieser und schaute hinab auf den regungslosen Chairman. Dann passierte es – seine Arme bewegten sich in die Luft und schnellten zurück in seinen Genitalbereich, wo sie sich zu einer X-Form trafen. Das war der Moment, so überraschend, ohne Vorankündigung und durch nichts so wirklich begründet. Shawn Michaels tat es – er machte das d-X-Zeichen und das Publikum stand Kopf. Die Spekulationen begannen. Gehörte das zu dem „anderen Shawn Michaels“, den Vince herausgefordert hatte – und somit zu dieser Storyline? War es ein Reflex von Shawn, bedingt durch das überlaufende Adrenalin vor seinem Sprung von dieser gigantischen Leiter? War es ein abgesprochener Scherz mit seinem Real-Life-Kumpel Triple H? Schließlich tat er im Main Event genau das selbe, auch er poste im d-X-Style. Oder war es tatsächlich mehr? Zu diesem Zeitpunkt noch vollkommen unwahrscheinlich, dass dahinter eine d-X-Reunion stecken könnte. Und doch war diese Variante die am heißesten Diskutierteste, weil es einfach die mit Abstand geilste wäre.

Durch eine dezente Handbewegung schaffte es Shawn Michaels eben das zu tun, was ihm das Match nicht erlaubte: die Show zu stehlen. Was diese WrestleMania angeht, wird man in Zukunft nicht von vielen Momenten reden. Einer dürfte der flammende Spear sein, der das Hardcore Match von Edge und Mick Foley beendete. Der andere ist zweifelsohne Shawn Michaels – wie er auf der Leiter steht, in die Menge schaut, das Gesicht auflegt, welches er vor 8 Jahren nach dem Austin-Main-Event ablegte und dieses eine Zeichen machte.

That’s why.