1999 – „Too Cool, Muhammad Hassan und Diva Search“ for Dummies

10 Jahre Gimmickmüll gehen irgendwann vorbei – und wie jedes Jahrzehnt hatten auch die 90er einen Abschluss. Das Ende des Jahrzehnts, das Ende des Jahrhunderts und des Jahrtausends. Charakterisiert man das betrachtete Jahrzehnt im Bezug auf das Wrestlingbusiness, dann erlebte man zweifelsohne die Glanzzeit des Gimmick-Wrestling. Farben, Matches, Charaktere – dafür liebte ich die 90er. Der Abschluss, das Finale dann allerdings war nur ein blasser Schatten dessen, was ich in bisher 9 Ausgaben der schlechtesten Gimmicks der 90er beschrieben habe. Die Luft war raus und Charaktere wurden lieblos gemeißelt ohne einen Feinschliff, geschweige denn eine Politur zu bekommen. Dass die Ideen der Gimmicks auf dieser Liste aber gar nicht so schlecht zu sein schienen, beweist die Tatsache, dass man alles irgendwie ein paar Jahre später wieder sah – halt nur besser. Damit herzlich Willkommen zur letzten regulären Ausgabe dieser Serie! 1999 – Too Cool, Muhammad Hassan und Diva Search – for Dummies.


5. Beaver Cleavage

Um Glaubwürdigkeit zu bewahren, werde ich mich hüten, an dieser Stelle zu behaupten, die Headbangers seien ein geniales Tag Team gewesen. Das waren sie nicht. Nicht mal annähernd. Sie waren interessant und ihrer Zeit angemessen. Wie so oft kam aber auch bei den Mittelklasse-Teams der Zeitpunkt, an dem man gesplittet wurde. Thrasher war Geschichte und Mosh blieb übrig. Was man dann aus Mosh machte, war dem Publikum so dermaßen egal, dass selbst angestrengte Nichtbeachtung zu viel Aufwand gewesen wäre. Mosh wurde zu Beaver Cleavage, einer Figur mit einem Smilie auf der Hose und einer Begleiterin Anfang 20, die seine Mutter darstellen sollte. Trotz der beschriebenen Nichtbeachtung fiel den Fans die Idiotie dahinter auf und Mrs Cleavage wurde zu Marianna, einem Standard-Valet. Beaver Cleavage stellte absolut nichts dar – und so arbeitete er nur drei Wochen nach seinem Debut in diesem Gimmick gegen sich selbst und brach seinen Charakter, um fortan als „Chaz“ aufzutreten – einem Typen mit einem Smilie auf der Hose und einem Valet namens Marianna. Lange Rede, kurzer Sinn: Ende des Jahres waren die Headbangers wieder vereint und Chaz musste sich selber klar werden, dass Mittelmaß auch ein Geschenk sein kann.


4. Barbara Bush

Sex sells – daran gibt es keinen Zweifel. Deshalb rentieren sich Pornosender, Orion-Stores und die Sexy Sport Clips auf DSF.
Warum also sollte man Frauen im WWF-TV nicht mehr Aufmerksamkeit schenken? Warum beließ man es nicht bei Funktionen wie Managerin, Freundin oder Begleiterin? Warum musste man auf einmal Frauen, die mit dem eigentlichen Geschehen nichts zu tun hatten, Storylines und wertvolle TV Time geben? Nun gut, Mickie James und Trish Stratus – die können so was. Denn am Ende kommt etwas heraus, was sich Wrestlingmatch nennt. Auch eine Alaundra Blayze und eine Bull Nakano konnten das. Wer es definitiv nicht konnte und absolut zu Recht als einzige Frau in dieser Hitliste auftaucht war Barbara Bush, nicht verwand und nicht verschwägert. Barbara Bush, kurz B.B., kam als Sanitäterin in die WWF und wurde irgendwann grundlos von The Kat attackiert. Eine kleine Fehde entwickelte sich, die ungefähr die historische Bedeutung besaß wie der deutsche Beitrag beim letztjährigen Eurovision Song Contest – beschämend, aber egal. Zwei kleine nennenswerte Notes zu B.B. gibt es allerdings noch zu erwähnen: sie war die erste, die sich im WWF-TV oben ohne zeigte – und entlassen wurde sie, weil sie mit dem verheirateten Bob Holly schlief. Nun gut. Wer arrangiert ein Date zwischen Holly und Shelton’s Mama?


3. The Mean Street Posse

Ist die Mean Street Posse nun Kult oder ist sie es nicht? Lange hab ich überlegt und zu einem Ergebnis bin ich leider nicht gekommen. Ich tendiere aber zum Nein. Potential für einen solchen Status hatten sie, da bin ich mir sicher – ausgeschöpft haben sie es aber wohl nicht, was ich daran fest mache, dass ihr Rolle im TV einfach zu klein war. Bis auf Joey Abs kann ich mich an kaum wrestlerische Einsätze erinnern. Ein kurzer Einsatz in der Hardcore Division fällt mir noch ein. Der Vorwurf an die Gimmickschreiber geht also genau in diese Richtung: An sich war die MSP ziemlich cool, aber eingesetzt wurde sie so falsch es nur ging. Rodney und Pete Gas wären perfekt als Tag Team gewesen, mit dem großen bösen Joey Abs dahinter. Shane McMahon, der Studienkumpel der Posse, hätte sie ausreichend over bringen können. Und doch ließ man die drei in der Lowercard vergammeln und nahm ihnen damit etwas, was man ihnen eigentlich mit der Besetzung in diesem Stable gegeben hatte: Die Chance irgendwann mal Kult zu sein.


2. Too Much

Vieles in der WWF-Geschichte hat funktioniert. Mindestens ebenso viel ging in die Hose. Größter Flop der 90er Jahre war wohl zweifelsohne die Light Heavyweight Division – und das aus einem einfachen Grund: sie bestand eigentlich ausschließlich aus zwei Männern, nämlich TAKA Michinoku und Brian Christopher. Der letztgenannte war auch so ziemlich der einzige, der in irgendeiner Form beim Publikum ankam und so machte man etwas, um auf dieser Tatsache aufzubauen: man kopierte ihn und erschuf damit ein neues Tag Team. Darsteller der Kopie wurde Scott Taylor, lange Zeit schon bei der WWF damit beschäftigt, sich für alles und jeden bei den B-Shows hinzulegen. „Too Sexy“ Brian Christopher und Scott „Too Hot“ Taylor waren nun also „Too Much“ und sprichwörtlich zu viel des Guten. Bei der unheimlichen Sympathie eines Vince McMahon zum Cruiserweight-Wrestling, dürfte es wohl niemanden geschockt haben, dass Too Much nichts anderes als ein Jobbing-Team war. Absolut überflüssig. Gott sei’s gedankt, dass man diesem Stein kurze Zeit später noch den Feinschliff und die Politur verpasste, die sie in eine Form brachte, in der sie zumindest teilweise heute noch „erfolgreich“ sind.


1. Tiger Ali Singh

Die Sache mit Tiger Ali Singh ging man irgendwie von Anfang an falsch an. Ich hatte immer den Eindruck, es gäbe da jemanden im Office, der ihn pushen wollte und jemand anderen, der ihn hasste. Immer wenn einer der beiden nicht da war, spielte der andere sein höllisches Spielchen. Und so machte es von Woche zu Woche den Eindruck, er solle ein neuer Topstar der Liga werden oder ein neues Mitglied der Job Squad. So gewann er ein groß beworbenes Turnier auf einer Auslandstour, war wenig später aber nur noch als Manager zu sehen. Ali Singh war ein reicher arabischer Scheichssohn, der vor Arroganz beinahe platzte. Geplatzt ist allerdings auch Vinnie-Mac’s Traum mit Ali Singh die dicke Kohle machen zu können – und wenn Ali als irgendwas in die Geschichtsbücher eingehen wird, dann wohl maximal als eine der größten Fehlinvestitionen der World Wrestling Federation in den späten Neunzigern.

Das waren sie also. 50 Gimmicks aus 10 Jahren, bei denen die Spanne von Kult bis Schimmelkäse reicht. 50 Namen, die das ausdrücken, was mich zu einem Wrestling-Fan gemacht hat, die mich an die World Wrestling Federation gebunden haben. Waylon Mercy, Well Dunn oder der Berzerker – das war Sports Entertainment. Schade, dass man diesem Jahrzehnt im Jahr 1999 kein Denkmal mehr setzte und der Zenit des Gimmick-Genies deutlich überschritten war. Bezeichnete man die frühen Neunziger als Geburtsstunde des Gimmick-Wrestlings und die Mitte als Hochpunkt, dann waren das Ende wohl die Wechseljahre und mit 1999 ging man in den Ruhestand. Und gerade aus diesem Grund will ich eine Serie, die da heißt „Die schlechtesten Gimmicks der 90er“ nicht mit einem Tiger Ali Singh oder einem Beaver Cleavage beenden, sondern mit dem, was der Titel verspricht. Und daher erwartet Euch nach diesen 10 regulären Ausgaben in der nächsten Woche das Finale dieser Reihe, wenn ich die 90er im Gesamten betrachte und aus den 50 genannten Namen meine ganz persönliche, ultimative Top5 erstelle. Die Top5, die besten 5, die Big Five der „Schlechtesten Gimmicks der 90er“! Bis dahin – oder wie Otto sagen würde: „Einen hab ich noch!“.