"Gute Väter, Guter Käse, Gute Nacht"

Direkt nach dem Jahrtausendwechsel waren wir alle noch reichlich beschwippst von DEM Silvester, dass nur ein Bruchteil der Menschheit in der Geschichte erleben durfte. Erst zum zweiten Mal änderte sich die Stelle im Tausender-Bereich – und da es im Jahr 999 noch keine Digitaluhren gab, waren wir echt die ersten Menschen, die sehen konnten, wie sich diese Stelle im Datum ändert. Die Computer trotzten allen Befürchtungen und funktionierten entgegen unserer panischen Hiobsvisionen brav weiter. Plötzlich war 2000 – und doch war alles irgendwie genauso wie vorher. Für Al Snow, um mal endlich über Wrestling zu sprechen, änderte sich ebenfalls nicht viel. Er war gut im Ring, wurde vom Publikum größtenteils ignoriert, weil sich der Gag mit den Plastikköpfen längst in der Klasse neben den Blondinen- und Ostfriesenwitzen eingereiht hatte und stampfte daher durch ein blödes Gimmick nach dem anderen, um irgendwie halbwegs interessant zu bleiben. Also – für Al Snow brachte der Jahreswechsel bloß wie für sechs Milliarden seiner Zeitgenossen nur eine neue Ziffer in der Jahreszahl, mehr nicht. Steve Blackman jedoch erlebte einen weitaus größeren Wandel. Denn statt des Singapore Canes in der Hand trug er plötzlich einen Schaumstoff-Käse auf dem Kopf. Todernste Wrestler lächerliche Gimmicks zu geben, das ist oftmals nur für einen verschwindend geringen Zeitabschnitt lustig – Blackman behielt allerdings sein komplettes Erscheinungsbild, trug plötzlich halt nur zusätzlich diesen Käsehut. Was das Team aus Blackman und Snow namens „Head Cheese“ dann jedoch tatsächlich mit Käse zu tun hatte, das bleibt bis heute ein Mysterium. Einziger erkennbarer Zusammenhang: beides stinkt. Weder für Blackman noch für Snow brachte Head Cheese den nötigen Karriereknick nach oben und so blieben die Idee, so wie auch die Umsetzung dieses Gimmick-Debakels… tja, absoluter Käse eben.

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Wobei man ja sagen muss, dass der Versuch ja eigentlich ganz lobsam war. Steve Blackman wurde seine „Boring“-Chants nur noch schwerlich los und ein Käse auf dem Kopf war halt alles andere als alltäglich. Ein Langweiler sollte Farbe bekommen, um dem Publikum schmackhafter gemacht zu werden. Die Motivation hinter dem Wandel des Godfathers zum Goodfather ist hingegen nicht mal im Ansatz zu erkennen oder zu ergründen, da sie das genaue Gegenteil des Käse-Prinzips war. Papa Shango, Kama, der Godfather – drei Gimmicks, die das Publikum mochte, die etwas darstellten, die Charles Wright On-Air zu etwas Bedeutsamen machten. Shango, weil er neu war, weil er anders war. Und natürlich, weil er gegen illustre Gestalten fehdete, allen voran natürlich den Undertaker, der sich letztlich neben Ted DiBiase auch für den Erfolg des Kama-Gimmicks verantwortlich zeichnete. Der Godfather war interessant, weil er einfach rulte, als Heel ebenso wie als Face. Der Gangster, der Lude, der coole Fisch. All das musste man lieben. Doch dann bildete sich Right to Censor, eine Gruppierung um Stevie Richards, seines Zeichens eine der erfolglosesten Figuren der WWE Geschichte, was auch damals längst erkennbar war. Ihm unterstellte man plötzlich den erfolgreichen Charles Wright mit seiner Historie an großen Fehden und enormen Publikumsreaktionen, nahm ihm sämtliche Farbe und Ausstrahlung und erweiterte seinen Namen um ein sinnloses „o“. Wer oder was soll denn ein Goodfather sein? Das Wortspiel ist ja nun echt so doof, dass es schon wieder zu doof dazu ist, um so doof zu sein, um schon wieder gut zu sein. Und auch wenn mich mein letzter Satz selber bis auf die Grundfeste verwirrt, ändert das nichts daran, als das man einem verdienten Worker in seiner fortgeschrittenen Karriere einen Knicks verpasste, den er nicht verdiente und von dem kein Beteiligter profitierte.

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Es ist halt eine bescheuerte Situation, wenn sich ein wahnsinnig erfolgreiches Tag Team auflöst, aus den unterschiedlichsten Gründen aufhört zu existieren und speziell einem Team Member der gewünschte Schritt in die Singles Division nicht so recht gelingen will. Oft endet das in dem Versuch, das alte Team wiederbeleben zu wollen, in neuer Besetzung. Denkt man angestrengt nach, wie oft eine Neubesetzung erfolgreich war, dann wird es einem gehen wie mir. New Rockers, LOD feat. Heidenreich, New Blackjacks, Fake Outsiders, New Midnight Express. War doch alles Mist. Natürlich ging man mit K-Kwik weniger weit und hat nie versucht, ihn als Billy-Gunn-Ersatz darzustellen. Auch nannte man sein Team mit dem Road Dogg nie „New Age Outlaws 2000“ oder „New New Age Outlaws“, doch mutete es aber so an als wolle man eben das erreichen. Anstelle von nostalgischer Genugtuung brachte einen das Rumgezappel in Latzhosen jedoch eher zum Fremdschämen und das Team war schnellstens wieder von der Bildfläche verschwunden. Für K-Kwik allerdings ging es weiter – doch anstelle eines neuen Gimmicks, beließ man ihn bei dem alten. Bei dem, das bereits als Team gefloppt war und man wunderte sich, dass er im Singles-Bereich plötzlich nicht explodierte wie ein Ei in der Mikrowelle. Für K-Kwik interessierten sich ungefähr so viele Fans wie für Rasen und so verwunderte es nicht, dass die Kommentatoren stets bemüht waren, sein Karrierehighlight als den 80 Sekunden andauernden Gewinn des Hardcore Titles anzupreisen. Ein zynischer Wrestlingfan mag aus heutiger Sicht behaupten, K-Kwik sei so was wie ein ungepushter R-Truth gewesen. Ich bin ein zynischer Wrestlingfan. TNA wusste mit Ron Killings umzugehen, WWE weiß das nicht. Und deswegen sucked R-Truth. Genau wie es K-Kwik bereits im Jahr 2000 tat.

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Ron Killings ist bekanntermaßen nicht das einzige Beispiel für etwas, mit dem TNA umgehen kann, WWE aber nicht. Frauen. Der wohl offensichtlichste Vertreter dieser Kategorie. Gut klar, Schwächen hat jeder, das Problem bei der WWE’schen Schwäche im Booking der Damenwelt besteht jedoch darin, dass sie es einfach unaufhörlich weiter tun und ihr Nichtskönnen damit öffentlich zur Schau stellen. Ich kann nicht bügeln – also tue ich es nicht. Punkt. Ich überlasse es solchen Leuten, die es können. Die einzige Alternative wäre, es still und heimlich zu üben und erst wieder damit in die Öffentlichkeit zu gehen, wenn ich es erlernt habe. Nö – WWE geht da wesentlich offensiver mit um. Kein Plan, keine Ahnung, kein Talent – und die bauen sogar die komplette dritte NXT-Staffel mit Frauen auf. Aber trotzdem gab es in der Vergangenheit einige Beispiele, in denen es funktionierte, auch mit Frauen Quote zu machen. Entweder, weil man ausnahmsweise Talent mit Förderung begegnete, wie bspw. bei Trish Stratus, Lita oder Mickie James. Oder eben jenes Beispiel, bei dem man etwas Außergewöhnliches fand und dem Publikum eben das als Alleinstellungsmerkmal präsentierte. Sowas wie Chyna gab es vorher nicht und so hatte sie Bestand in Zeiten, in denen Damenwrestling nicht mal bei WWE eine Rolle spielte. Und selbst als sich eine Division bildete, hatte Chyna kaum Anteile daran und kämpfte erst zum Ende ihrer WWE-Karriere hin in dieser mit. Soweit so gut. Dann ließ man sie allerdings von der Ringrand-Bedrohung mutieren zu einem Wrestler – der im Ring antrat. Gegen Männer. Was anfangs total spektakulär war, wurde ad absurdum geführt an dem Tag, an dem sie Intercontinental Champion wurde. Und auch da nicht genug. Als schade man dem Gürtel damit nicht schon ausreichend, stellte man ihr als Fehdengegner und –partner mit Eddie Guerrero und Chris Jericho das wohl talentierteste Material im Roster gegenüber und gab diese gleich mal mit der Lächerlichkeit preis. Wo sie sicherlich kein glaubwürdiger Intercontinental Champion war, da war sie erst recht keine glaubwürdige Mamacita.

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Frauen, die gegen Männer antreten und diese teilweise clean besiegen und einen der prestigeträchtigsten Gürtel halten. Das tat weh und wird hoffentlich nie wieder passieren – die Verpflichtung Aloisia’s ließ fürchten, die Entlassung hoffen. Aber es ging schräger. Viel schräger. Fast schon so schräg, dass man sich fragt,… Kennt Ihr diese Gedanken, die so wirr sind, dass sie einfach nicht greifbar formulierbar sind? So geht es meinem Schädel, wenn ich über die Corporate Stooges nachdenke. Zwei alte Männer, durchaus verdient und in der Geschichte des Business erfolgreich und gewürdigt, werden als Handlanger des Bosses dargestellt. Okay, abgesegnet. Sie werden dabei wenig glaubhaft dargestellt, auch kein Problem. Sie waren halt alt. Ihnen den Namen „Stooges“ zu geben war schon ziemlich respektlos und markierte sie als Comedyfiguren – in der Interaktion mit Mr. McMahon passte das allerdings noch wohlwollend. Ihnen dann aber Frauenklamotten anzuziehen und sie bei einem Pay-Per-View um einen Championship-Gürtel gegeneinander antreten zu lassen. Das… dann… dann passiert diese Sache mit dem Kopf, die man so schwer beschreiben kann. Fragt mal einen Fan der heutigen Zeit nach Pat Patterson und Gerald Brisco. Hall of Famer sieht in denen keiner. Den ersten Intercontinental Champion aller Zeiten – den sieht keiner. World Wrestling Entertainment hat es mit diesem Gimmick-Desaster geschafft, in den Köpfen ein Bild zweier alter Transvestiten in den Köpfen der Fans festzusetzen, wenn diese an Patterson und Brisco denken. Das ist so repektlos. Auch wenn man zumindest Patterson wenigstens teilweise wohl einen Gefallen damit getan hat.

 

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!