Doch mit dem Titelgewinn und dem damit verbundenen Rosterwechsel von Bobby Lashley begann eine neue Ära. Eine Ära, die ECW leider nach einer doch starken autarken Phase wieder zu einer Fußnote der anderen Shows degradierte. Doch dies war ein langsamer Prozess und bis es soweit kam, baute man mit Test einen verdienten Herausforderer für den neuen Champion auf. Derweil verließen sowohl Big Show als auch Paul Heyman die Liga (und damit ist World Wrestling Entertainment, nicht nur der ECW-Brand gemeint) und einige Trades erweiterten das Roster um Männer wie Sylvester Terkay, Elijah Burke, Daivari und den Great Khali. Wer es in den anderen Shows nicht packte, der fand bei ECW eine neue Heimat. Während CM Punk’s Siegesserie gegen Hardcore Holly endete, baute man Lashley als neuen Champion in guten Matches gegen Rob Van Dam auf, ehe er beim Royal Rumble 2007 vor seiner ersten großen Titelverteidigung gegen Test stand. Aber auch abseits des Main Events arbeitete man fleißig. Damit ist weniger die Entlassung von Sylvester Terkay gemeint, wenngleich diese auch niemanden ernsthaft juckte, sondern vielmehr der Vertiefung des Rosters. Elijah Burke erhielt einen Singles Push und auch Matt Striker wurde unerwartet stark dargestellt. Überraschend debütierte mit Monty Brown eines der ersten TNA-Eigengewächse unter dem Namen Marcus Cor Von bei WWE und bereicherte das ECW Roster. Nachdem der Titelkampf beim Rumble darin endete, dass Test den Kampf freiwillig abbrach und die Halle verließ, nutze man die Chance ihn und Lashley noch etwas weiter fehden zu lassen, doch nach wenigen Wochen fand auch diese Geschichte ein Ende. Die Road to WrestleMania hatte mit dem Royal Rumble begonnen und auch bei ECW sollte man diese spüren. Es war die erste WrestleMania für den jungen  Brand und alles war gespannt, was man hierfür bereit hielt.

Im Zuge dieser Road to WrestleMania stattete auch Vince McMahon seinem bisher so stiefmütterlich betrachteten Brand einen Besuch ab und erklärte den Aufbau zur Chefsache. Zu diesem Zeitpunkt war noch gar nicht auszudenken, welch wichtige Rolle der Chairman für ECW auf der Reise zu WrestleMania spielen würde – und doch startete er an diesem Abend eine weitere große Fehde, die die Show für Monate prägen sollte. Er kündigte in einer ECW-Hasspromo Elijah Burke als den Retter von Extreme Championship Wrestling an, was darin endete, dass eben jener vom Sandman, Balls Mahoney, Sabu und Tommy Dreamer ordentlich auf die Mütze bekam. Es sollte der Anfang einer Fehde sein, die den Brand bei WrestleMania mehr repräsentierte als der dann amtierende Champion es tat. Es waren noch sieben Wochen bis WrestleMania 23 und man nutze diese um neben den ECW Originalen ein weiteres Stable etablieren. Elijah Burke führte darin die ungleiche Truppe aus Matt Striker, Kevin Thorn und Marcus Cor Von an und fehdete intensivst unter dem Namen „New Breed“ gegen die Originale. Der Champ kümmerte sich darum wenig, stresste ein wenig mit Hardcore Holly und Mr. Kennedy ab, bevor er sich nach No Way Out unter dem Pseudonym „Lindsey“ dem Battle of the Billionaires rund um Vince McMahon und Donald Trump widmete.

In allen Varianten traten New Breed und Originals gegeneinander an, sie buhlten um CM Punk, während sich dieser lieber für sein erstes Money in the Bank Ladder Match qualifizierte. Es war eine Fehde über viele Wochen und Monate, die durch die unterschiedlichsten Kombinationen, Matchvarianten und das kurze Punk-Intermezzo nie langweilig wurde und wirklich zu überzeugen wusste. Es machte den Anschein, als hätte man mit ECW gelernt, wie man auch scheinbar unscheinbare Typen sinnvoll miteinander verbinden und mit ihnen Geschichten erzählen kann. Selbst bei einem zwischenzeitlich zur ECW gedrafteten Snitzky schaffte man es, ihn wieder glaubhaft darzustellen. WrestleMania war schließlich die Bühne für den Sieg der Originale, aber nicht das Ende der Fehde. Alle Beteiligten kabbelten sich weiter und wurden immer mehr Mittelpunkt der Shows – Lashley, der Champion verlor an Bedeutung und Airtime am Dienstagabend, was sich spätestens bezahlt machte, als Vince McMahon höchstselbst im Rahmen der McMahon/Trump-Fehde zum ECW Champion wurde.

Schließlich kündigte man langsam aber sicher den Split der New Breed an, was auch RVD wieder Gelegenheit gab, sich um Größeres zu kümmern. So war ihm ein kurzes Gastspiel im ECW Titelrennen gegönnt, was aber wieder nur ein kleiner Steppingstone in der Vince/Lindsey-Fehde sein sollte. Nach Niederlagen gegen die debütierenden Major Brothers und als Team gegen Lashley im Handicap-Match, verließ ein New-Breed-Mitglied nach dem anderen die Vereinigung. Einen letzten Auftritt gönnte man dem auf 3 Personen geschrumpften Stable noch beim 2007er One Night Stand PPV, der mittlerweile eine rosterübergreifende Show geworden war. Sie unterlagen ihren Gegnern in einem Tables Match und nicht nur, dass dies der letzte große Auftritt der New Breed war – bei selbiger Show absolvierte Rob Van Dam seinen vorerst letzten PPV-Auftritt mit einem überraschenden Sieg gegen Randy Orton und Bobby Lashley holte sich im Vorprogramm des legendären Pudding-Matches seinen ECW Titel vom Chairman zurück.

Es war ein Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen, denn der One Night Stand PPV war gleichzusetzen mit dem einjährigen Geburtstag des neuen Brands. Pünktlich hierzu beendete man fast alle laufenden Geschichten und erntete mit dem WWE Draft erstmals die Früchte der bei ECW getanen Aufbauarbeit. Neben einigen Abgängen (wie der des Champs Bobby Lashley oder der Major Brothers) bescherte dieser Draft der SciFi-Show einige nicht wenig prominente Neuzugänge. Johnny Nitro, der Boogeyman und Main Eventer Chris Benoit sollten fortan im Land der Extreme kämpfen und wegen des Abgangs Lashleys zu RAW galt es ja nach der Roster-Mischung einen neuen Champion zu finden. In einem Mini-Turnier schrieb man das Traummatch zwischen Chris Benoit und CM Punk um den vakanten ECW Title auf die Card des kommenden PPVs. Doch die Geschichte ist bekannt – wegen „privater Probleme“ konnte Benoit an diesem Abend nicht an Vengeance teilnehmen und wurde daher durch Johnny Nitro ersetzt, dem auch prompt der Titelgewinn gelang. Dass Benoits „private Probleme“ eine maßlose Untertreibung dessen waren, was ihn tatsächlich an der PPV-Teilnahme hinderte, ist bedrückende Wrestlinggeschichte – sorgte nüchtern betrachtet aber genau dazu, dass ECW plötzlich der große Name fehlte, der Benoit durch seinen Trade hätte sein sollen. Und wenn man keinen großen Namen hat, dann baut man sich halt einen. In der ersten Show nach der Benoit-Tragödie holte man John Cena, um Neuchamp Johnny Nitro in einem erstklassigen Match over zu bringen und benannte im Anschluss CM Punk durch einen Sieg über Elijah Burke zu dessen ersten Herausforderer. Beide wurden in den Folgewochen sehr gut aufgebaut, doch Nitro wirkte deplatziert. Dies bemerkte auch World Wrestling Entertainment: Sie ließen Johnny Nitro von den Bildschirmen verschwinden und präsentierten mit John Morrison ihre neue Kreation des ECW Champions. Eine neue Ära begann, die Ära Punk-Morrison, die ECW zu das machte, was es die nächsten 1000 Tage bis ihrem letzten TV-Match blieb: Die Talentschmiede, die aus Wrestlern Stars macht.

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