Mitte 2008 kam der Draft und der brachte wie immer viel Neues. Aber nicht nur aufgrund des Drafts wehte ein neuer Wind, insgesamt befand sich die Show im Wandel. Armando Estrada verlor seinen GM Posten an den bei Smackdown abgelösten Teddy Long, samt einer Assistentin namens Tiffany, und wurde selber zum Wrestler degradiert. Chavo Guerrero und CM Punk verließen den extremen Brand – Chavo, um in der Versenkung zu verschwinden und die nächsten zwei Jahre seiner Karriere zu einem Comedy-Clown zu verkommen. Punk, um World Heavyweight Champion zu werden. Mit Finlay und dessen kurzbeinigen Protegé Hornswoggle kam ein irischer Duft in die Extreme, mit Matt Hardy präsentierte man nach den vielen prominenten Abgängen eine neue Leitfigur. Die Stimme der ECW, Joey Styles, verließ das Kommentatorenpult und eine neue Kultfigur, Mike Adamle, nahm auf dessen Stuhl Platz – zumindest für wenige Woche, bis er bei RAW als The General Manager gebraucht wurde. Und dann debütierte da noch ein quirliger Kerl namens Evan Bourne, der sich maßgeblich dadurch auszeichnete, während seiner Matches kaum über nennenswerte Bodenhaftung zu verfügen. Und ja: Colin Delaney gewann endlich seinen Vertrag.

Es waren tatsächlich die Zeiten des Umschwungs und damit war auch ein glaubwürdiger Gegner für Kane nicht wie auf Anhieb präsent. Für den Übergang ließ man den kurz vor WrestleMania zurückgekehrten  Big Show ein kleines Comeback im ECW Titelrennen feiern, der als Gegner für Kane natürlich optimal funktionierte.  Doch nachdem Chavo ja über Wochen trotz dieser unglaubwürdigen Totgeburt Bam Neely kaum eine Bedrohung für den Champion war, wollte man es der Big Red Machine nun richtig dick auftischen. Denn dem bevorstehenden Titelkampf gegen The Big Show fügte man kurzerhand noch die kaum weniger gewichtige dritte Achse namens Mark Henry hinzu. Man konnte dessen Titelgewinn förmlich riechen und war von dessen Gestank bei Night of Champions dann schließlich wenig überrascht. Was noch nicht zu ahnen war: Mit Mark Henry begann tatsächlich fast etwas wie eine Ära, denn niemals zuvor wusste der stärkste Mann der Welt so zu überzeugen. Mit Tony Atlas stellte man ihm in bester Heel-Manager-Manier einen Begleiter zur Seite, der das fehlende Charisma des neuen Titelträges wettmachte und besonders bei der Auswahl seiner Gegner bewies man ein sensationell gutes Händchen.

Gleich der erste Herausforderer von Mark Henry war Tommy Dreamer und alleine, Dreamer auf einer PPV-Card sehen zu können – dafür dankte man Mark Henry, den Bookern und der Welt im Allgemeinen und Speziellen. Das Match endete zugunsten Henry’s, nachdem Colin Delaney aus bis heute ungeklärten Gründen gegen Dreamer turnte und damit seine eigenen Entlassungspapiere unterschrieb. Doch viel sensationeller als diese Geschichte waren die Entwicklungen der Vorwochen. Denn am 08.07.2008 debütierte niemand geringerer als der legendäre Braden Walker bei World Wrestling Entertainment. Und das nur eine Woche nach dem spektakulären Debüt von Ricky Ortiz! Ja, offensichtlich wuchs den Bookern der Erfolg ihrer letzten Neulinge ein wenig über den Kopf. Mit einem CM Punk als amtierendem World Champion und einem Kofi Kingston als Intercontinental Champion im Rücken wird man wohl schnell übermütig und da war es nur eine Frage der Zeit, bis auch mal einige Neulinge vollkommen vor den Baum liefen. Aber Mensch, was würden wir denn heute tun, wenn es den Zwei-Wochen-Run von Braden Walker nicht gegeben hätte? Und wen könnten wir denn heute in Vergleichen zu längst vergessenen Superstars heranziehen, wenn es diesen,… wie hieß er doch,… Ricky Ortiz, genau, wenn es den nicht gegeben hätte…

Wobei man gerade mit Ortiz am Anfang viel vorzuhaben schien. So ergab es sich in einem nachträglich wohl lächerlichsten Angle der damaligen Zeit, dass Stars wie The Miz und John Morrison gar in einem Match darum kämpfen mussten, einen Kampf gegen Ricky Ortiz zu bekommen. Surreal. Einfach… surreal. Es waren aber eben jene Neulinge, später noch weitere Nullnummern wie Gavin Spears oder Ryan Braddock, die ECW wieder mehr zu Jobbershows verkommen ließen, als zu der konsequent durchgebookten Show, die sie bis zur Ära Kane noch war. Matt Hardy wurde als konsequente Alternative zum No.1-Contender und holte sich nach einigen erfolglosen Anläufen bei der 2008er Scramble-Night auch den Titel in einem wirklich tollen Kampf. Man fing sich. Der Titelgewinn Hardys ließ die Booker scheinbar wieder aufwachen und nachdem man sich einige Fehler eingestand (bspw. Braden Walker entließ) kehrte man wieder in geregelte Bahnen zurück. Henry wurde nicht fallengelassen, sondern weiter als Gegner für Hardy im Spiel gelassen. Evan Borne bekam eine kleine Fehde mit The Miz, ein junger Mann namens Jack Swagger debütierte und brachte endlich mal wieder das Gefühl rüber, keine Eintagsfliege zu sein. Es kam wieder Stil in die Shows und nachdem Matt Hardy klargemacht hatte, seinen Gürtel definitiv nicht wieder an Henry zurückzugeben, konnte der Cyber Sunday das Zepter mal wieder in die Hände des Publikums legen.

Um Evan Bourne auf der Voting-Liste neben den Veteranen Finlay und Mark Henry nicht zu sehr auf’s Abstellgleis zu setzen, ließ man den Springfrosch kurz vor dem PPV in einem Triple Thread Match über seine Voting-Gegner triumphieren – was ihn allerdings nicht nur als Außenseiter dastehen ließ, sondern tatsächlich bis ins Titelmatch brachte. Wieder einmal hatten die Fans nach dem Vorjahres-Sieg von The Miz speziell in der ECW-Poll Humor bewiesen und Matt Hardy und Evan Bourne dankten es uns in einem wirklich netten Match beim Cyber Sunday – es machte ihnen sichtlich Spaß, doch den großen Umschwung wie im Vorjahr gab es leider nicht und so blieb dieses Intermezzo für Bourne leider ein einmaliges an der Spitze von ECW. Schon wenig später offenbarte man seitens Booking-Team nämlich seinen eigentlichen Plan und ließ Finlay mit Sieg über Mark Henry den Posten des No.1-Contenders übernehmen. Evan Bourne – den ließ man nicht mehr mitspielen.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!