Warrior "The Ultimate" Warrior

...oder:
"Die Geschichte von der unendlichen Dummheit, sämtliche Randgruppen gegen sich aufzubringen, ohne selbst einzusehen, eine solche zu sein."


Herzlich Willkommen zur zweiten Ausgabe meiner bekennend plagiatorischen Erstkolumne, in deren Rahmen auch heute wieder wohl recherchierte Artikel von teilweise seriösen US-Seiten übersetzt, verändert und halbherzig zitiert werden. Ich darf mit Fug und Recht behaupten, dass allerdings die heutige Ausgabe tatsächlich einen gewissen Mehraufwand für mich bedeutet hat, da die diesmal behandelte Person nicht so einfach fassbar ist wie der Unsterbliche der Pilotfolge. Aber genug der einleitenden Worte, ab mit meinem Text.

Eines der großen ungelösten Rätsel der modernen Zivilisation ist die Ursache für die immer noch anhaltende Popularität, Beliebtheit, Bekanntheit oder generell Relevanz des ehemaligen Jim Hellwig, inzwischen ganz legitim Warrior. Warrior Warrior. Allein schon der Name bürgt für einen veritablen Sockenschuss, und wenn auch nur ein Bruchteil der von vielen verschiedenen Quellen bestätigten Backstageaffären (neutral formuliert) stimmt, dann handelt es sich um die wohl irrste Figur im modernen Wrestling. Damit ist jedoch nicht sein Bekanntheitsgrad begründet, auch nicht durch seine zwar respektable, aber nicht beeindruckende Titelsammlung. Vielmehr war er eine absolut solitäre Erscheinung, war gekleidet wie ein Freak, rüttelte an den Seilen wie ein wildes Tier (und Batista ist ein fader Abklatsch wenn er sich als Tier bezeichnet, ganz fad), grunzte bei seinen eh schon wirren Promos und war weder von dieser noch von irgendeiner anderen Welt, sondern eben: eigen. Und das ist eben das, was einen Wrestler ausmachen muss (also wenn Talent und Workrate nicht vorhanden sind), diese Eigenständigkeit. Wenn der Warrior nicht Ende der 80er sondern heute debütiert hätte – ich verwette meine komplette stilvolle Internetvideosammlung darauf, dass er so derbe over wäre dass es nicht mehr schön ist.

Soviel zu seiner Popularität, nun zumindest kurz zu den Backstagegerüchten, bestätigten Geschichten und generellen Dummheiten, bevor wir dann zum eigentlichen Kern der heutigen Ausgabe vordringen, einfach um mal auch jüngeren Lesern eine grobe Einordnung seines Lebenswerks zu bieten. Immerhin handelt es sich bei Warrior um einen der ganz wenigen, die es geschafft haben Mr. McMahon über den Tisch zu ziehen und danach trotzdem wieder beschäftigt zu werden – und das gleich zweimal. Mal zum Vergleich: Warrior erpresst Vince vor dem Summerslam 1991 um Geld, bekommt es und wird gefeuert. Jeff Jarrett erpresst Vince vor No Mercy 1999 um Geld (und das ohne gültigen Vertrag, also ist Erpressung ein eigentlich nicht ganz treffendes Wort), bekommt es und geht danach ebenfalls. Aber: der Warrior war der ME beim Summerslam 1992 und sollte im Herbst 1992 wieder Champion werden, während Jarrett eine kleine Indy-Liga aufmachen musste, um wieder in den Ring steigen zu können. Dazu kommt bei Warrior noch eine Neigung, sich selbst Storylines schreiben zu wollen die noch mehr Banane sind als das was die WWE verzapfen könnte, Stichwort kreative Kontrolle. Zudem ist er anscheinend kein sehr professioneller Verhandlungspartner und hat die WWF mehr als einmal hängen lassen, hintergangen oder schlicht und ergreifend versetzt, was auch zu seiner letzten Kündigung bei der WWF 1996 geführt hat. Damals erblickte auch die von Warrior erdachte neue Religion das entsetzte Licht der Welt, nämlich „destrucity“. Sollte mir jemand erklären können was das Ganze bedeuten sollte, ohne dabei auch nur einmal zu verzweifeln, verdient er sich von mir zum einen eine ziemlich kranke Art von Respekt und zum anderen auch den goldenen Insiderpokal (der als Ehrenpokal natürlich virtuell ist). Einen ebenso professionell versauten Run in der WCW 1998 sowie mehrere geplatzte und wenige tatsächliche Auftritte independent später war es dann soweit – die Wrestlingkarriere des bunten Heroen war an einem Ende angelangt und ist es bis heute. Die Krönung des Ganzen war dann die Ehrung durch die WWE mit einer DVD über seine Karriere – eine Ehre die solch verdienten Helden wie Bruno Sammartino noch nicht erwiesen wurde und einem Randy Savage wohl auch nie erwiesen wird. Gut, die DVD war ein Shoot, sie machte ALLES am Warrior nieder (sogar seine megakultige Entrance), bezeichneten ihn als Eintagsfliege (korrekter Einwand von Christian: Warum erinnert sich dann heute noch jeder an ihn?) und ließen Tonnen von Dreck auf ihn herabregnen, aber es war eine DVD.

So, nun aber zur eigentlichen Dummheit dieser Ausgabe, die in diesem Fall nichts mit Wrestling zu tun hat. Es war das Jahr 2005 und Mr. Warrior hatte sich einen bescheidenen Namen als konservativer und kontroverser Gastredner gemacht, der seine kruden Ansichten hemmungslos vor beliebigen Auditorien kund tat. Eine republikanische Studentenorganisation der University of Connecticut dachte jedenfalls, dass es eine gute Idee wäre, einem eher liberalen studentischen Publikum jemanden als Gastredner vorzusetzen der seinen bürgerlichen Namen ernsthaft in Krieger Krieger umgewandelt hat. Einerlei, die Rede fand statt, die Meute hing gebannt an seinen Lippen und er erzählte den jungen Menschen von einer besseren Welt ohne Mexikaner, Förderprogramme für sozial Benachteiligte und Frauenrechte (gut, das mit den Frauenrechten weiß ich nicht, aber ich denke es ergibt einen guten Dreiklang, und wer Flutopfer als „unordentlich“ bezeichnet, hat bestimmt auch schon mal gedacht dass Frauen an den Herd gehören), einer Welt in der eben alles in Ordnung ist. Als er schließlich die Zuhörer so richtig aufgeheizt hatte (und nichts heizt liberale Studenten so auf wie ein richtig konservativer Bad-Ass, außer vielleicht steigende Preise für Zigarettenpapiere) kam die Frage nach seiner Ansicht zur Homosexualität. Und natürlich ließ sich Warrior (der immerhin einen Großteil seines Ruhmes daraus bezieht in knappen Höschen und geschminkt mit anderen geschminkten Männern in knappen Höschen engen Körperkontakt zu haben und ihnen zum Abschluss in den Schritt zu fassen und danach auf den Hintern zu springen) nicht lumpen und feuerte die Kernaussage der heutigen Ausgabe ab:

”Queering doesn’t make the world work!”
bzw. (eigene Übersetzung): „Mit Rumschwulen funktioniert die Welt nicht!“

Wie nicht anders zu erwarten war gab es einen wüsten Aufruhr, die Studenten, in ihrer liberalen Ehre gekränkt, wollten dem Warrior an die Gurgel und es wurde auch nicht besser als er einem muslimischen Studenten empfahl das Handtuch vom Kopf zu nehmen. Aber: was erwartet man auch von jemanden der in seinem Führerschein... ich wiederhole mich.

Damit war das Ganze aber noch nicht vorbei, da seine damalige Fanbase inzwischen vermutlich zu einem nicht unbeträchtlichen Teil im Auditorium versammelt war, ging die Geschichte im Netz herum wie ein Lauffeuer, und wurde auch auf zahlreichen Seiten thematisiert und verewigt. Nichts Besonderes eigentlich, aber die Reaktion des Warriors war es. Mehreren Autoren im Internet wurde von einem bizarren rechtlichen Vormund per Mail gedroht, hart an der Grenze der Legalität bzw. manchmal auch deutlich darüber hinausgehend. Ganz besonders empfindlich reagierte das Gespann Warrior / rechtlicher Vormund auf Aussagen, in denen Warriors Sexualität in Frage gestellt wurde, wie es Sean Carless passierte, der Beschwerdebrief* des Vormunds ist ein echter Spaß. Jedenfalls: nicht die dummen Aktionen als Wrestler, nicht die schlechte Workrate, sondern die Idee vor einer Ansammlung von Studenten homophobe Äußerungen zu machen und Leute danach beschimpfen zu lassen bringt Mr. Warrior heute diesen Ehrenplatz ein.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!


*http://www.thewrestlingfan.com/blfk4.html