Teil 3
Eine Handbewegung, die WCW und der 18. Mai

Für Matt Hardy stellte das Schwestermedium einen immensen Karrieresprung dar. Anders war das für John Bradshaw Layfield. Jahrelang mimte er den biertrinkenden Cowboy, den das Publikum mal liebte und mal hasse, der aber immer in der Midcard zu unterhalten wusste. Nebenbei startete Layfield eine beeindruckende Karriere an der Wallstreet, die ihm neben Unsummen von Dollar sogar eine Expertenrolle in einer Börsenshow im amerikanischen Fernsehen verschaffte. Es sprach sich herum, dass der Acolyte diese zweite Karriere lebte und als man vor lauter Starmangel neue Main Eventer kreieren musste, hob man genau diesen Brocken in Layfield Charakter auf. Man machte seine Börsenerfolge zum Programm, schenkte ihm eine Limousine, einen edlen Cowboyhut und einen neuen Haarschnitt – und machte ihn in kürzester Zeit zum Top Heel des Smackdown-Kaders. Und was  ist die Aufgabe eines Top-Heels? Na klar, er muss machen, dass die Menschen ihn hassen. So dachte er sich also eines Tages auf einer Deutschland-Tournee, dass man diesen Hass bei den Deutschen am besten dadurch erzeugt, in dem er das parodiert, was sie am meisten verabscheuen: Ihre Vergangenheit. Und so marschierte JBL vier Schritte mit zum Hitlergruß erhobener Hand durch den Ring. Dort, wo Mick Foley einst sein Ohr verlor, verlor John Layfield seinen Job als TV-Börsenexperte – dabei wollte er doch nur, dass man ihn hasst. Dumm gelaufen, würde ich sagen.

Bei aller Genialität von Vince McMahon gibt es neben diesen wenigen Beispielen aber auch Referenzen außerhalb der Tore von World Wrestling Entertainment, die ein besonderes Geschick mit den Medien bewiesen. Ring of Honor verwirrte sein Publikum bspw. über Wochen mit einer über das Internet groß angelegten Storyline und schwebten dabei irgendwo zwischen Wahn, Wirklichkeit und Lost-Experience. World Championship Wrestling war dafür bekannt, dass man alles was funktionierte entweder kaufte oder wenigstens kopierte. Um es „besser“ zu machen, führte man es aber stets ins Extreme, ins Überzeichnete. Gekauften Wrestlern verpasste man hanebüchene Kostüme, geklaute Storylines führte man ins Absurde. Die Krönung war aber ein Projekt namens „Ready to Rumble“, bei dem die WCW die Idee aufgriff, ihre Wrestler in Filmen auftreten zu lassen. Vielleicht hatte man keine Lust, nach einem passenden Film für einen Gastauftritt zu suchen. Vielleicht hatte man auch keine Lust, sich für einen seiner Stars zu entscheiden, der den Auftritt absolvieren sollte. Vielleicht fand man die Idee aber auch einfach gut, sein komplettes Roster in einen komplett eigenen Kinofilm zu verfrachten. Auch hier überspitzte man sein eigenes Business – ganz ehrlich, dieses Triple Cage Ding hielt ich für eine so peinliche Übertreibung, dass ich regelrecht geschockt war, als ich erfuhr, dass die WCW ein solches Match tatsächlich mal veranstaltet hat.

Als Werbemittel war das Ergebnis in Form des abendfüllenden Spielfilms „Ready to Rumble“ aber durchaus als Erfolg zu werten. Namhafte Hauptdarsteller wie David Arquette und Oliver Platt und die Vermarktung des Films als „Komödie“ und nicht als „Wrestlingfilm“ ließen auch die Non-Fans auf den Streifen aufmerksam werden. Werbung – top. Auswirkungen – top. Besetzung – top. Das lief einfach zu gut. Irgendein Genie bei World Championship Wrestling war aber immer noch der Meinung, dass man noch mehr aus dem Film machen könnte und so holte man Hauptdarsteller David Arquette in die Shows. Was ursprünglich nach ganz simpler Filmpromotion roch, endete in einem Debakel, dass an vielen Stellen als Anfang vom Ende der WCW bezeichnet wird: Man gab Arquette, einem Schauspieler, den World Heavyweight Title. Okay, mehr als Schauspieler war Hogan auch nie – aber er spielte wenigstens die Rolle des Wrestlers innerhalb seiner Jobs in dieser Funktion. Arquette war Arquette, er selber, ein Schauspieler. Das Filmprojekt, das eigentlich entgegen aller Befürchtungen tatsächlich ein Erfolg war, bekam durch diese Verirrung eines Stars des Film-Mediums ins Wrestling-Medium einen sehr sauren Beigeschmack.

An genau dieser Stelle schaffte es aber auch WWE nicht immer, sich zurückzuhalten. Vor wenigen Jahren sprang man auf denselben Zug auf, wie World Championship Wrestling zuvor und wollte eigene Filme drehen. Eine eigene Produktionsfirma namens „WWE Films“ wurde gegründet und die Planungen für die ersten Projekte begannen. Im Gegensatz zum WCW-Vorbild kaufte man sich jedoch seriöse Drehbücher mit wrestling-fremden Inhalten und besetzte lediglich die Hauptrolle mit einem seiner Stars. In keiner der bisher drei Fälle konnte sich WWE zurückhalten und verband die Filminhalte zur Promotion mit den laufenden Storylines. Für Steve Austin’s Condemned lief das sehr glimpflich ab, da Austin kein permanent aktiver Part der Shows mehr war – ihm gönnte man lediglich eine Konfrontation mit seinem Filmgegner während eines PPV’s. Man ahnte damals schon böses, aber die Befürchtung eines Matches der zwei gegeneinander bewahrheitete sich nicht. John Cena hingegen war gezwungen zur Promotion seines durch WWE-Films produzierten Leinwanddebuts seine Gestiken und sein Outfit anzupassen. Fortan trug er eine Flecktarnhose bei seinen Kämpfen und begrüßte seine *hust* Fans */hust* mit einem militärischen Gruß. Richtig tief in die Trickkiste griff man dann allerdings bei Kane, der in „See No Evil“ einen durchgeknallten Serienkiller verkörperte. Das Datum des Filmstarts (den 18. Mai) machte man kurzerhand zum Gimmick von Kane und  verpasste ihm mit einem Fischhaken einen Sidekick, mit dem er im Film mordete. Noch immer bin ich mir unsicher, ob es eher Fluch oder Segen für Glen Jacobs war, dass man das Ganze sehr lieblos und unkonkret anging.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!