Previously on Instant Heroes…Selbst Helden können sich in den wahren Momenten selbst überholen – oh ja, das tat Ric Flair mit seinem letzten Aufbäumen bei WrestleMania 24. Während der Nature Boy besagtes Match allerdings verlor, schafften es zwei Männer zu Heldentum, indem sie kaum mehr taten, als Triple H zu besiegen. Das spricht wahrscheinlich fast mehr für The Game als für die beiden Kontrahenten – aber eben jene Viktoria über einen schier unbesiegbaren Dämon macht in der Welt der Fantasie und Fiktion doch wahre Heroen aus, oder nicht? David wäre vermutlich nie zu Ruhm gelangt, wäre Goliath nicht so ein übelst riesiger Typ gewesen. „Weltpokalsieger-Besieger“ ließen sich die Helden des 1. FC St. Pauli auf Ihre Shirts pressen, nachdem man den FC Bayern München einst 2:1 wegklatschte. Der Größenunterschied macht’s – Größe weniger in Einheit Meter, sondern eher im Sinne von Bedeutung, Macht oder Unantastbarkeit. Das ist der Stoff aus dem Helden sind – Mann, ehrlich, wie öde wäre denn Lex Luthor, wenn er kein Kryptonid besessen hätte? Na also. Helden werden geboren, indem sie die Übermacht bezwingen – und so toll diese Herleitung auch ist, so wahr sie natürlich ist – so wenig hat sie mit der finalen Staffel unserer Instant Heroes zu tun.


Denn gleich unser erster Held des heutigen Tages war alles andere als ein unbedeutender Pimpf, der den unnahbaren Giganten bezwang. Er bezwang seinen Gegner, ja, das tat er, und doch waren sie mehr oder weniger ebenbürtig. Zumindest begann an diesem Tage die Ebenbürtigkeit und da man es unserem Helden so sehr wünschte und gleichzeitig auch für fast unmöglich hielt, war der Moment so atmosphärisch. Es war der typische „Holy Shit“-Moment, als der Referee bis drei zählte – niemand sah es kommen, außer vielleicht die Fans, die zuvor WCW Nitro im Konkurrenzprogramm verfolgten und zu diesem besonderen Ereignis umschalteten. Es war die Zeit der Face-dX und der Heel-Corporation. In einem groß angelegten World-Title-Turnier wurde The Rock nicht nur zum neuen Champion, sondern gleichzeitig auch zur Leitfigur des McMahon-Lagers. Eine Rolle, die zuvor Mick Foley inne zu haben schien, doch noch während des Turnierverlaufes sollte sich das Blatt und die Gunst des Chairmans in Richtung The Rock wenden. Es war die Neujahrsausgabe von Monday Night RAW am 04. Januar des Jahres 1999, als in der Midcard mit Mankind und Triple H zwei Leute, die eigentlich auf derselben Seite kämpften, einen Platz im Royal Rumble untereinander ausmachten. The Game gewann und Mankind schien sich immer weiter vom großen Gold zu entfernen – doch im Verlauf des Abends wurde ein Kampf festgesetzt, bei dem Foley tatsächlich seine Chance auf den Titel bekommen sollte. Ein Aufbaugegner – mehr konnte Mankind in dieser x-beliebigen RAW-Show doch nicht sein. Doch dann trat er auf die Rampe, blickte der Übermacht in Form von The Rock und seinen Mannen gegenüber und sagte, dass es heute kein Missverhältnis geben würde. „Tonight, I brought the cavallery with me!“ – und raus kam die dX zur Begleitung des Herausforderers in den vielleicht wichtigsten Kampf seiner Karriere. Tatsächlich hielt die dX die Corporation in Zaum und ermöglichte Steve Austin eine Attacke auf The Rock. Mankind nutzte die Gunst der Stunde, der Referee zählte bis drei und das Spektakel war perfekt. Die Feierzeremonie war unglaublich. Austin, die d-Generation X und ein Mick Foley, der wie ein brennendes Huhn mit seinem ersten World Title Gürtel um den Ring peste. Mrs. Foley’s Baby Boy did it – und selten hat man sich so sehr für den Darsteller eines Wrestlingcharakters gefreut als an diesem Abend für Mick Foley.

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Natürlich wäre es anmaßend zu behaupten, dass an diesem Abend die Karriere des Mick Foley begann. Wenn etwas begann, dann war es wohl maximal die Headliner-Karriere des Mick Foley, blickte er doch schon auf so viele tolle und erfolgreiche Jahre zurück. Für unseren nächsten Helden gilt das selbe, doch für ihn begann an diesem Tage kein neuer Abschnitt in seiner Wrestlingkarriere – für ihn begann an diesem Tage ein neuer Lebensabschnitt, nämlich der NACH dem Wrestling. Ach ja, und „er“ ist eine „sie“, denn es geht hier nicht um die zahlreichen Retirements der großen männlichen Legenden, sondern hier geht es um den Abschied der wahrscheinlich bedeutsamsten Diva in der Geschichte von World Wrestling Entertainment. Es geht um Trish Stratus, der Blaupause für die Kombination aus Charisma, athletischem Talent und unbedingter Schönheit. Um die Jahrtausendwende debütierte das ehemalige Fitness-Model, indem sie einfach auftrat und Interesse an Albert und Test bekundete. Zunächst erreichte sie als Managerin des entstandenen Tag Team „T+A“ Berühmtheit und spielte dabei einen zauberhaft schönen Heel. Doch Trish hörte in ihren fast sieben Jahren niemals auf, sich weiterzuentwickeln. Mal war sie Heel, mal Face – in beiden Rollen einzigartig und es verging kein Jahr bis zum Ende ihrer Karriere, in dem sie nicht mindestens ein Mal den Women’s Titel gewinnen konnte. In so kurzer Zeit erreichte Trish einen Legendenstatus – etwas, dass es im modernen Wrestling eigentlich gar nicht gibt und sie schaffte es darüber, dass ihr Abschiedsmatch größer und bedeutsamer war als das vieler ihrer männlichen Kollegen. Man huldigte ihr, mag gab ihr PPV Time, nur um Adieu zu sagen – kaum einem Mann, außer der ganz großen, kommt eine solche Ehre zuteil. Schließlich gewann sie in ihrem letzten Kampf noch einmal das Damengold und unter Tränen verabschiedete sie sich von ihren Fans. Es waren wahre Gefühle, wahre Emotion – an diesem Abend ließ jemand etwas hinter sich, was er liebte und ja, das zog einen einfach mit.

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Und weiter geht es mit dem Mann, um den sich eigentlich alles dreht. Dem wohl stärksten und konstantesten Charakter im WWE-Universum. Ich sage das hier betont frei jeglichen Sarkasmus und daher folgen jetzt ganz bestimmt keine Namen wie Hornswoggle, Al Wilson oder Big Dick Johnson. Nein, ich meine das ernst. Es geht um das Lot von World Wrestling Entertainment, es geht um Vincent Kennedy McMahon. Nicht alles, was er uns präsentierte war wirklich Gold wert und doch gibt sein Erfolg ihm Recht. Vince McMahon ist kein Gott und demnach sicherlich auch nicht der Wrestlinggott – doch mindestens der Papst dieser Religion, als das sollte man ihn bezeichnen dürfen. Einst im Jahre 2005 stand er vor der großen Entscheidung, welchen seiner aufstrebenden Superstars er mit dem Royal Rumble Sieg in Richtung WrestleMania pushen würde. Bei Smackdown gab es da einen durchbrechenden John Cena, an dem eigentlich kein Weg vorbei ging. Bei RAW entwickelte sich allerdings parallel ein Mann namens Batista, der nicht nur das Potenzial für einen Headliner mitbrachte, nein, er hatte mit Triple H auch gleich den perfekten Gegner und die perfekte Storyline im Gepäck. Das Booking des Rumbles machte dann wirklich Spaß – denn natürlich waren es eben jene zwei aufstrebenden Stars, die zum finalen Showdown ansetzten. Gerangel, Hin und Her und plötzlich geschah das, was auch schon zu Zeiten von Bret Hart und Lex Luger für Verwirrungen sorgte: Beide flogen raus. Gleichzeitig. Also wieder ein Szenario wie damals mit dem Narcissist und dem Hitman? Nix da, denn heraus kam der Chairman gepowerwalked. Mit festem Schritt marschierte er zum Ring und schien eine Entscheidung im Gepäck zu haben. McMahon rollte sich in den Ring, brach sich dabei irgendeinen Knochen oder es riss eine Sehne oder was auch immer – auf jeden Fall war er urplötzlich bewegungsunfähig und saß wie ein beleidigter Rotzjunge im Ring. Er saß dort. Und konnte sich nicht mehr bewegen. Die Entscheidung, den Rumble fortzusetzen, wurde zur Nebensache, denn so gemein es auch ist, einen Menschen mit Schmerzen zu belächeln, aber mal ehrlich – wann habt ihr zum letzten Mal etwas so Komisches gesehen? Und damit dürfte klar sein, dass Vince McMahon diese Reihe als letzter von vier Instant Fools abschließt – der Mann, der schon in Big Shows Hintern war – mehr zum Horst gemacht als beim Rumble 1995 im Ring sitzend hat er sich zuvor wohl nie.

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Womit wir im Finale stehen. Ein Finale das wertfrei ist, also nicht zwangsläufig Hitparaden-mäßig den besten dieser 12 Instant Heroes küren muss – aber das sich einen Exoten in dieser Aufzählung für den Schluss aufsparte. Hauptsächlich betrachteten wir Wrestler, die durch irgendeinen aktiven Part im Ring für etwas Außergewöhnliches sorgten. Ric Flair und Trish Stratus bestritten ihren letzten Kampf. Chris Jericho, Mick Foley und Shawn Michaels gewannen ihren ersten World Title. Brian Kendrick lieferte einfach nur eine sagenhafte Performance ab und Matt Hardy schockte mit einem überraschenden Comeback. Doch wen wir nun zum Ende dieser Reihe ehren und mit dem Siegel des Instant Heroes belohnen, der fällt in eine andere Kategorie. Denn er erhielt diesen Status in der Rolle des Referees. Stone Cold Steve Austin bespaßt uns seit dem Ende seiner aktiven Karriere ja immer mal wieder gerne mit kurzen Auftritten, die unabhängig von ihrer Beschaffenheit eigentlich immer in einem Beer Bash enden. Findet jeder blöd, sehen will’s man aber trotzdem. WrestleMania 20 brachte uns schon so tolle Momente wie der unfreiwillige Stunt des Ultimó Dragón oder die Siegesfeier von Chris Benoit und Eddie Guerrero. Doch neben diesen unvergesslichen Augenblicken trafen mit Goldberg und Brock Lesnar in der Mitte der Show zwei der monstergepushtesten Männer der Wrestlinggeschichte aufeinander. Es sollte ein gigantischer Showdown werden, der im Vorfeld allerdings dadurch gebremst wurde, dass sowohl Goldberg als auch Lesnar ihren Rücktritt vom Wrestling erklärten. Fern aller Professionalität gaben sie also in ihrem letzten großen Auftritt nicht noch mal richtig Gas, sondern legten die lahmste Performance überhaupt hin. Das Publikum jedoch machte das 14-Minütige Grauen zu einem Freudenfest. Und dann war da halt noch Steve Austin, die einzige Person, die man in den Ring stellte, damit die Crowd wenigstens irgendjemanden zum Bejubeln hatte. Goldberg bezwang Lesnar, Austin verpasste stilecht beiden eine saftige Abreibung und errang Heldentum, indem er das mieseste Match des Abends gemeinsam mit einem absolut verlässlichen Madison Square Garden zu einem legendären Kampf erhob.

Helden. Manchmal in dieser Rolle geboren, manchmal in sie hineingeschlittert. Manchmal als Ergebnis eines Lebenswerkes, manchmal durch eine einzelne Tat. Das Leben schreibt Helden, Situationen, Momente, Emotionen. Und wird dadurch Mutter von Ikonen, Ikonen des Augenblicks – das, was ich „Instant Heroes“ nenne.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!