Teil 3:
Warum Steve Austin nervt...

Sanfte Grüße an das wie immer hoffentlich zornig wartende Publikum, ich hoffe die bisherigen ignoranten und hasserfüllten Texte haben die Erwartungen für die heutige Ausgabe ordentlich nach oben getrieben. Das Objekt dieses neuerlichen Pamphlets soll dabei niemand anderes als die texanische Klapperschlange sein, nämlich der steinkalte Chilly McFreeze, der dann doch als Steve Austin bekannt geworden ist. Bla bla bla, Steve Williams, bla bla bla, Dr. Death, bla bla bla, Hollywood Blonds, bla bla bla, Midcard, bla bla bla, ECW, bla bla bla, WWF, bla bla bla, Ringmaster, bla bla bla, Ted DiBiase, bla bla bla, Austin 3:16, bla bla bla, Stone Cold, bla bla bla, Badass. So, ich würde sagen das war eine durchaus vollständige Biographie bis so etwa 1997. Bis dahin ist es ja alles noch schön und gut, wenn man sich mal die besemmelte Frisur wegdenkt, die Bilder aus jener Zeit ziert. Dann aber begann irgendwann die Attitude-Ära, und wir alle sind uns einig, dass er damit die Wrestling-Geschichte verändert hat. Könnte man zumindest meinen, wenn man die vielen Fans bei diversen Online-Portalen (alteingesessene Leser wissen was das bedeutet) beim Wort nimmt, die sich das Verbreiten der frohen Botschaft Seiner Durstigkeit auf die Fahnen geschrieben haben, und wie immer ist es genau das was mir auf den Zeiger geht. Aber schön der Reihe nach. Nach einer durchaus vernünftigen Fehde gegen Bret Hart (der allerdings auch mit einem ausgestopften Hund eine gute und abwechslungsreiche Fehde hätte) und dessen eher unerfreulichen Abgang war es Steve Austin, der sich zum Helden des kleinen Mannes aufschwang, gegen den gemeinen Chef rebellierte und von diesem immer wieder gemein zurückgehalten wurde. Allein diese Konstellation sorgte vermutlich dafür, dass Vince McMahon immer noch erotische Gefühle hat, wenn er Dollarzeichen sieht, immerhin war diese Fehde der richtige Katalysator um ein eh schon wieder sehr ordentlich aufgestelltes Produkt absolut durch die Decke zu treiben. Wie ich es schon einmal schrieb war das die Zeit, in der man nicht als Nerd galt wenn man an amerikanischen High Schools mit Steve-Austin-T-Shirts auftauchte, Wrestling war so in wie seit 1985 nicht mehr und man lieferte in McMahon-Land selbst den besten Beweis, dass man mit intelligentem Booking und dem Treffen des Zeitgeistes nicht nur der Konkurrenz Zuseher abnehmen, sondern auch ganze Wagenladungen neu generieren kann. Glorreiche Zeiten. Irgendwann allerdings hatten sich auch diese Storyline sowie der Gegner totgelaufen, nun aber ohne Notwendigkeit zur Erneuerung. Und wenn etwas mal funktioniert hat dann liegt es ja wohl an den Zuschauern, wenn sie plötzlich wegbleiben. Oder an den Cruiserweights, den Schweinen. Oder an Chris Jericho. Dass es sich inzwischen verselbständigt hatte, dass bei JEDER Aussage von irgendeinem Fehdengegner von Steve Austin ein dümmliches „What!?“ durch die Arenen schallte hatte bestimmt nichts damit zu tun. Um einen Schreiberling einer US-Seite zu zitieren: so toll Steve Austin auch war und meinetwegen noch ist, aber alleine für diese dämlichen „What!?“-Chants hat er sich ein schönes warmes Plätzchen bis zum jüngsten Tag und darüber hinaus verdient. Irgendwann war es dann soweit dass sich der malade Rotnacken (Spätfolgen dank Owen Hart, wer einmal einen wirklich garstigen Botch sehen will soll sich das ansehen) eigentlich nicht mehr vernünftig im Ring hätte aufhalten dürfen, aber wenn es Kurt Angle nicht stört, dann ist das ja auch kein Problem für steinkalte Burschen. Während aber Angle seinen Glasnacken immer wieder aufs Neue strapaziert (sollte er wieder zur WWE kommen und einen harten Zeitplan bekommt wird sein Kopf vermutlich irgendwann abfallen, vollkommen ohne Übertreibung) fand man für Steve Austin eine Art Ersatzbeschäftigung. War es vorher noch cool und witzig, dass er ab und an sich selbst und den ersten Reihen eine Bierdusche gönnte wurde es jetzt sein einziger Grund, im Ring zu sein. Das und Fahren mit einem Quad. Ist ja auch witzig. Viel besser als wirklich etwas zu machen (Manager, General Manager, Kommentator, was weiß ich), dafür zahlen ja auch die Zuschauer. An und für sich wäre das ja auch nicht so schlimm, wenn es nicht so dümmlich wäre, als wandelnde Karikatur und prollige Identifikationsfigur durch die Lande zu tingeln. Es ist demnach schon etwa 10 Jahre her, dass Austin das letzte mal tatsächlich relevant war, dennoch zählt er immer noch zu den größten Figuren im Geschäft – womit ich kein Problem habe, immerhin machen es Hulk Hogan oder Ric Flair nicht anders. Womit ich aber ein Problem habe ist, wenn er – verdient – in die Hall of Fame aufgenommen wird und dann bei Wrestlemania XXV zusammen mit den anderen vorgestellt wird, die es sich nicht weniger verdient haben, an dieser Stelle zu stehen. Während die anderen Gestalten jedoch lediglich grinsend ins Publikum winkten ließ es sich unser aller Lieblingsbiertrinker nicht nehmen, mit dem Quad um den Ring zu kurven, in alle vier Himmelsrichtungen seinen Beerbash zu machen (wie ein betrunkener Winnetou, und anschließend bekommen Old Shatterhand, Sam Hawkens und Walt Disney – einfach so – einen Stunner ab) und zehn Minuten der Zeit einzunehmen. Statt dann aber den Anstand zu haben und den anderen Gestalten auch noch den wohlverdienten Stunner zu verpassen (nach einer gewissen Logik) durften die sich stillschweigend verkrümeln. Gut, Terry Funk hatte vermutlich noch ein Independent-Booking und musste irgendwo in einer texanischen Turnhalle jemanden ein Brandeisen über die Rübe ziehen, Kevin von Erich musste Vince McMahon eine Rechnung schreiben über die Summe die er sonst an anderer Stelle bekommen hätte, Bill Watts konnte es nicht ertragen jemanden auf dem Seil stehen zu sehen und Koko B. Ware mochte den Geruch des Feuerwerks nicht (er isst glaube ich auch kein Hühnchen mehr) – aber ein wenig Abreibung hätten alle schon noch beziehen können. Das nennt man Respekt, Glatzkopf!

Ein weiterer Kritikpunkt und vermutlich der, weswegen ich überhaupt genug Argumente finden möchte, ist aber sein oftmals kolportiertes Verhalten Frauen gegenüber. Nennt mich von mir aus altmodisch, aber ich finde es nicht eben ein gutes Rollenvorbild wenn man Frauen schlägt. Früher war das in der alten WWF ein definitives Tabuthema, und wenn ein Heel richtig over kommen wollte dann schubste er eine Frau von sich weg, woraufhin diese dann wie tot umfiel, wie die schluckunterbegabte Miss Elizabeth als der Honky Tonk Man dieses schändliche Verbrechen beging. Inzwischen würde der coole Doppelelvis die gute Miss durch einen Tisch hämmern und Jerry Lawler würde halb kollabieren wenn man dabei ihr Höschen zu Gesicht bekommt – bei Smackdown wäre dann aber der Tischdurchgang herausgeschnitten. Worauf ich hinaus will: früher Gewalt gegen Frauen böse – heute Gewalt gegen Frauen schon in Ordnung, oder so. Darüber kann man jetzt trefflich diskutieren, zumindest solange es im Ring stattfindet. Der liebe Gott hat uns Männern aber nicht nur eine Rippe genommen, sondern auch mehr Hirn gegeben. Wenn nun schon bei vielen Männern die Konfliktlösungen gegen Geschlechtsgenossen oftmals über Gewaltanwendung funktioniert, dann sehe ich das zwar als assig und unnötig an, aber nicht zwingend als ehrabschneidend. Männer die sich mit Männern prügeln sind zwar dumme, assige und primitive Primaten (ich vermute das ist irgendwie redundant), aber wenn der Wunsch von beiden Seiten ausgeht kann man sehr coole Filme darüber machen – ich mag Seife. Wenn aber Männer Frauen schlagen, weil ihnen trotz ihrer beeindruckend großen Gehirne und Geschlechtsteile die Argumente fehlen, dann kann ich das nicht gutheißen. Steve Austin wurde aber mindestens einmal gegen seine damalige Frau handgreiflich (was diese dann einigermaßen geschmacklos – weil unbewiesen  - nach der Benoit-Tragödie ins Fernsehen brachte und als roid rage hinstellte), und das ist nun etwas was wirklich verurteilenswert ist. Dennoch wird er von der WWE und den Fans als Heilsbringer, coole Gestalt und Sympathiefigur dargestellt, und so etwas hinterlässt eben bei mir immer ein etwas ungutes Gefühl. Aber: das ist nur meine Ansicht, wer das anders sieht kann mir direkt eine Beschwerdemail schicken: einfach Alt und F4 gleichzeitig drücken, und schon seid ihr bei Hogan_Mark-Outs Beschwerdemaske. Als ich eine Weile Runescape gespielt habe (bis mein Account geknackt und ich ausgeplündert wurde – das war ein herber Schlag) war das der Standardtipp für Anfänger um ihr Geld zu verdoppeln, und es gab echt welche die das gemacht haben.

Aber genug der Abschweifung, worauf ich hinaus will: Steve Austin ist ein prolliger Redneck im Ring, und alle Indizien sprechen dafür, dass er sich dafür nicht sonderlich verstellen muss – also warten wir mal ab bis Lukas Podolski sich eine Glatze scheren lässt und bei Köln gegen Bayern shootet, gegnerische Torhüter durch den Pfosten squasht und die berühmte Podolski-3:16-Rede hält: „So, ihr Vollidioten, nä, da steht ihr rum und quatscht von vertikalem Spiel, Passgeschwindigkeit und 3-1-2-2-2-Spielphilosophie, und was hat es euch gebracht? Poldi-3:irgendwas heißt: ich hab euch die Bude vollgeknipst. Der Vollidiot!“. Anschließend fährt er nur noch mit dem Quad über die Spielfelder der Republik und trinkt Kölsch aus winzigen Dosen; zum Glück gibt es fast keine Laufbahnen mehr, dann sieht man die wenigstens noch. Und wer weiblich wirkende Finalversager ohrfeigt und dafür nicht aus der WWE, äh, der Nationalelf fliegt, der macht auch vor Frauen nicht halt. So, das war mal ein Absatz, einfach mal Steve Austin ignoriert und dafür Lukas Podolski beleidigt, der Deckmantel der Satire ist weit und breit.

Das Schlussfazit dagegen bezieht sich wieder ganz allein auf Steve Austin: auch in mir schlummert der Teil, der es witzig findet wenn jemand den Wuchs seines digitus medius demonstriert, Bier trinkt und herumgrölt – aber irgendwann muss das einfach nicht mehr sein. Ich fand den Film Bierfest auch lustig. Einmal. Na gut, mindestens dreimal, aber ich will ihn nicht regelmäßig sehen, und so gelacht wie beim ersten mal, als Donald Sutherland ungefähr drei Biere auf Ex wegtrank und anschließend selbst den Stecker zog, habe ich danach auch nie wieder. Und irgendwann mochte man auch als 15-jähriger Rülspwettbewerbe nicht mehr so richtig. Genauso ist es mit Steve Austin – irgendwann ist es einfach mal gut. Damit lautet mein Fazit, ob Steve Austin nervt: allerdings, und das nicht zu knapp.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!