"Das Recht der Perfekten, das Recht der Hierarchie und das Recht zur Zensur"
Wie oft wünscht sich der gemeine Wrestlingfan beim Betrachten der oft hanebüchen dahingebookten Shows das Recht auf Zensur? Nicht zu selten, liebe Freunde, nicht zu selten. Ich will weiß Gott nicht den ganzen Tag mit schwarzer Stoffhose, weißem Hemd und Krawatte herumrennen, aber ein wenig Zensur täte den Shows von World Wrestling Entertainment ab und an durchaus mal gut. Selbiger Meinung war Stevie Richards anno 2000, als er bei seinem ersten und einzigen nennenswerten Push unter WWE-Vertrag die Gruppierung "Right to Censor" um sich scharrte. Kurz "RTC", als Parodie auf die PTC, eine amerikanische Organisation zur Zensur von TV-Programmen aus elterlicher Sicht. Richards begann damals damit, Entblößung leidlich attraktiver Damen aus der Pre-Diva-Zeit zu verhindern. Er entwendete den Dudleyz ihre Tische und dem Godfather seine leichten Mädchen. Zum Team avancierte das Gimmick als sich Bull Buchanan zu Richards gesellte, zum Anführer wurde Richards mit der Rekrutierung des Godfathers und der Umbenennung zum Goodfather - und auch Gefolgsmann Nummer Vier ließ nicht lange auf sich warten, als sich gerade unser Lieblings-Pornodarsteller Val Venis der Zensur verschrieb. Aus 3 charismatischen und talentierten Faces wurden somit 4 absolut glaubwürdige, wenn auch facettenarme, Heels. Besser oder anders hätte man Leute wie den Godfather niemals turnen können. Gemeinsam mit Bull Buchanan gewann er in neuem Gewand gegen Ende des Jahres das Tag Team Gold und Steven Richards erlebte zweifelsohne seinen unbestrittenen Karrierehöhepunkt. Nach knapp eineinhalb Jahren wandten sich die Zensoren allerdings gegen ihren Anführer. Venis und Godfather wurden wieder porno, Richards' Programm mit dem Undertaker stoppte man noch bevor man es wirklich startete und Bull Buchanan potenzierte seine Initialen und war Teil der initialen John-Cena-Charakter-Kreation. Es kam einem vor wie eine Art "Reset", bei dem jeder wieder die Rolle einnahm, die er zuvor hatte, als hätte es RTC nie gegeben. Aber wie sagten die vier Herren mit ihren Krawatten immer so schön? It's for your own good.

Ehre, wem Ehre gebührt. Es gibt nur zwei Männer in der Geschichte des Sports-Entertainment, ach was, der gesamten Menschheit, die es jemals schafften, Gott in einem Wrestlingmatch zu besiegen. Alleine das qualifiziert die Howard und Wayne Carpendale des Wrestling für diese Top100. Wie oft hatten sie Streit miteinander und wie oft traten sie dann plötzlich wieder gemeinsam auf. Aber ganz egal, denn mit der Austin-Fehde verschmolz Vince McMahon mit seinem Produkt - und so auch sein Sohn Shane, seine Tochter Stephanie und bedingt auch die Ehefrau Linda McMahon. Besonders die beiden Herren gehören seither zu den mit Abstand aussagekräftigsten und einfach besten On-Air-Charakteren im Wrestling-Business. Sie können die größten Heels sein und sie können die umjubelsten Faces sein - je nachdem, wonach Ihnen gerade ist. Die geballte Ladung McMahon-Power gab es im Jahr 2005, als man zunächst eine Fehde zwischen Shawn Michaels und Vince McMahon startete, die in einem sensationellen Match bei WrestleMania 22 endete. Es war nur eine Frage der Zeit, bis man das Szenario erweiterte und durch eben diesen WM-Abend initiiert führte es zu Reunion der d-Generation X auf der einen und der wiedergewonnenen Vater-Sohn-Liebe auf der anderen Seite. Vier der gadenlosesten Entertainer absolvierten eine Storyline, die es einfach drauf hatte. Bei der 2007er Ausgabe von Unforgiven fand das Spektakel ein geschichtsträchtiges Ende - erstmals kämpfte man ein Handicap-Match im Hell-in-a-Cell-Modus aus und erstmals rockte ein Match mit der Beteiligung zweier Non-Wrestler, von denen einer sogar bereits seinen 60sten Geburtstag feierte, so sehr wie der HiaC-Kampf zwischen der DX, den McMahons und The Big Show. 2009 sind Vince und Shane nun wieder da - dieses Mal als viel umjubelte Lieblinge der Massen und mit der Legacy mit einem starken Heel-Gegner. Und es funktioniert immer noch. WWE ist einfach McMahon-Country. Und das verdammt noch mal mit Recht.

Doch auch diese tolle Geschichte rund um die dX und die McMahons hatte seine Schattenseiten. Natürlich konnte man eine so lange laufende Fehde schlecht ausschließlich mit zwei mehrfachen World Champions auf der einen und zwei Non-Wrestlern auf der anderen Seite durchziehen. Es mussten also Lakaien her. Zum Ende war es wie gesagt The Big Show, doch vorher griff man viel weiter in die Trickkiste. Vince und Shane statteten der firmeneigenen Talentschmiede Ohio Valley Wrestling einen Besuch ab und schnappten sich die vier talentiertesten Männer, die sie finden konnten. Und Ken Doane. Diesen fünf Jungs zogen sie grüne Strampler an und formierten sie zur mächtigsten denkbaren Armee, die sie auf ihrem Kriegspfad mit Shawn Michaels und der dX begleiten sollte - Mikey, Nicky, Mitch, Kenny und Johnny, die Spirit Squad. Fünf männliche Cheerleader. Au Backe, das klang so unausweichlich absurd, dass es entweder nur ein schlechter Scherz oder der größte ironische Anfall seit dem Red Rooster sein konnte. Nein, man meinte es ernst. Die fünf sprangen und tanzten zum Ring, ließen sich regelmäßig in 2-on-5-Handicap-Matches plätten und wurden im Gegenzug mit dem Gewinn der Tag Team Titles belohnt. Besiegt haben sie damals Kane und The Big Show - welch Argument dieser Umstand zur Erläuterung der Absurdität der Spirit Squad ist, überlasse ich an dieser Stelle dem gesunden Menschenverstand des Einzelnen. Ja, verdammt - und doch steht die Spirit Squad in dieser Liste in den Top40. Und so sehr es mich auch selbst entsetzt, ist das anscheinend tatsächlich verdient. Sie waren ein wichtiger Teil der Shows, einen Tag sogar General Manager von RAW, sie gewannen Tag Team Gold und partizipierten in der prestigeträchtigsten Storyline ihrer Zeit. Bei einem TV Taping von Ohio Valley Wrestling offerierten sie CM Punk einen Platz an ihrer Seite - er lehnte ab und wurde World Champion. Die Mitglieder der Spirit Squad sind allesamt entlassen, nur Nicky, also Nick Nemeth, der ehemalige Caddy von Chavo Guerrero, der zu dem Zeitpunkt Kerwin White hieß, der heißt jetzt Dolph Ziggler und ist immer noch an Bord. Capiche? Egal.

Wer würde jemals bestreiten, dass Miguel Perrez, Jesus Castillo und Jose Estrada unbedingten Anteil an der Geschichte von World Wrestling Entertainment besitzen? Hätte ich nicht zwei Absätze weiter oben bereits einen Wayne-Witz gemacht, dann käme er an dieser Stelle - hier allerdings nicht Carpendale, sondern im klassischen Wayne!?-Sinne. Und obgleich die Los Boricuas außer Savio Vega nur aus nichtssagenden und unbedeutenden No-Names (zumindest gemessen an ihrer Wichtigkeit für WWE's Historie) bestand, haben sie doch irgendwie gerockt. Mehr zumindest als ihre Nation-SpinOff-Schwester der Disciples of Apocalypse. Als es um die vier Motorrad-Rocker ging, hatte ich die Geschichte des Stable-Krieges anno 1998 ja bereits ausführlich erläutert. Kurz zusammengefasst: Faarooq, Savio Vega und Crush bildeten die Ur-NoD. Die drei trennten sich, Faarooq ernannte eine neue NoD, Crush gründete die DOA mit den Blu Twins und dem Fake Undertaker und Savio Vega holte sich drei Buddys aus Puerto Rico, mit denen er fortan in weißen Unterhemden als "Los Boricuas" auftrat. Dieser Run war an Erfolglosigkeit kaum zu überbieten, aber trotzdem hat es irgendwie Spaß gemacht, den Jungs aus der Karibik zuzuschauen. Zweifelsohne waren sie talentiert und mit Savio hatten sie einen Frontmann, der bei den WWE-Fans durchaus akzeptiert war. Sie gewannen nie das Tag Team Gold, und auch sonst gewannen sie eigentlich eher selten. Ich bekenne mich an dieser Stelle aber dazu, dass ich die vier Jungs und ihr Gimmick mochte und das hebt sie ungemein von, sagen wir... von Teams wie der Spirit Squad ab.

Perfektion. Eigentlich bräuchte man zum Team aus Kurt Angle und Chris Benoit nicht mehr schreiben als dieses eine Wort - denn es würde das beschreiben für das die beiden im Jahr 2002 standen und was sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu Schau stellten. Perfektion. Zunächst befanden sich Angle und Benoit in einer Storyline gegeneinander, welche Matches zum Ergebnis hatte, die heutzutage seines Gleichen suchen. Gegen Ende der Fehde wurde aus Feindschaft immer mehr gegenseitiger Respekt und als bei Smackdown ein Turnier um die vakanten Smackdown Tag Team Title angesetzt wurde, traten die zwei erstmals gemeinsam auf. Respekt hin oder her - ganz grün waren sich die zwei immer noch nicht. Dennoch bezwangen sie legendäre Teams wie John Cena & Billy Kidman oder Edge & Rey Mysterio, aber auch belanglose Fußnoten wie Los Guerreros. Angle & Benoit wurden WWE Tag Team Champions, Freunde aber nicht. Auf geniale Art und Weise erweiterte man dieses vor Potenzial fast zerberstende Duo von Singles Division auf die Tag Team Division - leider nur für kurze Zeit, denn schon wenige Wochen nach dem Turnierfinale verloren sie das Gold schon wieder, was erst über einen unliebsamen Umweg bei Los Guerreros ankommen sollte. Das Team aus Kurt Angle und Chris Benoit bestand nur wenige Wochen - und doch ist es legendär. Denn es war nicht weniger als - die Perfektion.

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!